Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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3. Denn — und dies ist die dritte Ausnahme von dem unbe- 
dingten „Sanktionsrechte“ des Reichstags — eine Volksabstimmung 
ist von der Verfassung vorgesehen als Komplement des Volks- 
begehrens (Art. 73, Abs. 3). Lehnt der Reichstag das Volks- 
begehren ab, oder nimmt er es mit Veränderungen an, so muß 
ein Volksentscheid stattfinden?®. Und spricht sich hierbei das 
Volk gegen den Reichstag aus, so muß das Gesetz in der Fassung 
verkündet werden, die ihm der Volksentscheid gegeben hat. Voraus- 
gesetzt freilich, daß sich die Mehrheit der Stimmberechtigten an 
der Abstimmung beteiligt (Art. 75), und bei Verfassungsänderungen. 
daß sich die Mehrheit aller Stimmberechtigten gegen den Reichstag 
erklärt (Art. 76, Abs. 1a. E.). Trifft diese Voraussetzung nicht 
zu, so entkräftet der Volksentscheid den Reichstagsbeschluß nicht. 
Hatte also der Reichstag das Volksbegehren mit Veränderungen 
angenommen, so wird es in diesem Falle Gesetz in der Fassung, 
die ihm der Reichstag verliehen hat”. 
Nimmt der Reichstag den der Volksinitiative entstammenden 
Entwurf unverändert an, so unterbleibt der Volksentscheid. 
Allerdings ist damit der Reichstagsbeschluß noch nicht gegen jede 
Anfechtung gefeit. Denn es kann gegen ihn sowohl kraft selb- 
ständiger Anordnung des Reichspräsidenten (Art. 73, Abs. 1), als 
auch durch Antrag auf Referendum (Art. 72, 73, Abs. 2) eine 
Volksabstimmung herbeigeführt werden; auch ein Einspruch des 
Reichsrats ist möglich ?”. Wollte man den Reichstagsbeschluß in 
jenem Falle für endgültig erklären, so würde man dem Volks- 
begehren als solchem eine Bedeutung zuschreiben, die ihm die 
Verfassung schwerlich zugedacht hat. 
?° Hiergegen hilft auch eine Dringlichkeitserklärung nicht. 
Nach dem Zusammenhange der einschlagenden Verfassungsbestimmungen 
ist sie in diesem Falle ausgeschlossen. 
7 Vgl. hierzu Abg. WAunsTEın, Sitzg. der Nationalvers. v. 31. Juli 
1919, Sten. B. S. 2157. 
”2 S, dazu unten S. 514, Anm. 84 und S. 520 f.
	        
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