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kann nunmehr nur wieder im Wege der Gesetzgebung aufgehoben
oder verändert werden. Die materielle Gesetzeskraft, d. h. die
Verbindlichkeit des Gesetzes für die, die es angeht, beginnt, so-
fern das Gesetz nichts anderes bestimmt, mit dem vierzehnten
Tage nach dem Ablaufe des Tags, an dem das Stück des Reichs-
gesetzblatts, das es enthält, in der „Beichshauptstadt“ ausge-
geben worden ist (Art. 71). Die neue Reichsverfassung bringt
also hier gegenüber dem bisherigen Rechtszustande nichts Neues!"®,
und wir können uns ersparen, auf Einzelheiten einzugehen.
vo.
Es bleibt uns übrig, mit einigen Worten den Weg der Gesetz-
gebung bei Verfassungsänderungen zu besprechen. Wir
können uns kurz fassen, da manche der hier einschlagenden Fragen
schon im Vorhergehenden behandelt worden sind.
Nach Art. 76 kann die Verfassung „im Wege der Gesetz-
gebung“ geändert werden. Darin liegt zweierlei: Einmal, daß
eine Aenderung der Verfassung auf dem Wege der Gesetzgebung
zulässig ist, daß sich die Bedingungen für das Zustandekommen
einer Verfassungsänderung in dem erschöpfen, was die Verfassung
für das Zustandekommen eines Gesetzes festgesetzt hat. Es bedarf
also, um die Verfassung zu ändern, keiner weiteren Maßnahmen,
insbesondere keiner vorherigen Auflösung des Reichstags, keiner
Einberufung einer Konstituante, keiner Einholung einer Zustimmung
Dritter, etwa der Einzelstaaten. Auf der andern Seite ist aber
der Weg der Gesetzgebung für eine Verfassungsänderung er-
forderlich; er kann schlechterdings durch keinen andern Weg
ersetzt werden. ,
Während dies alles ohne weiteres aus dem Wortlaute des
Art. 76 folgt, so gibt dieser keinen unmittelbaren Anhalt für die
116 Nur daß nicht Berlin, sondern die Reichshauptstadt als Ausgabeort
des RGBl. genannt wird. Es könnte also durch Reichsgesetz ein anderer
Ort als Berlin zur Reichshauptstadt erklärt werden.