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rung ist schließlich für den Fall. vorgesehen, daß sie „auf Volks-
begehren durch Volksentscheid“ beschlossen wird,
Hier ist notwendig, daß sich die Mehrheit aller Stimmberechtigten
des Volks für die Verfassungsänderung erklärt, wenn.sie als be-
schlossen gelten soll (s. oben S. 501 £.).: Die Vorschrift bezieht sich nur
auf das Volksbegehren im Sinne des Art. 73, Abs. 3, setzt demnach
eine Volksinitiative voraus, deren Gegenstand vom Reichstage abge-
lehnt oder verändert angenommen worden ist. Der Fall des Volksent-
scheids beim fakultativen Referendum nach Art. 73, Abs. 2 wird nicht
davon betroffen. Hat also der Reichstag ein Volksbegehren auf
Verfassungsänderung angenommen und wird dieser Beschluß auf
Antrag des Zwanzigstels dem Volksentscheide unterbreitet, so ist es
möglich, daß das Volk die Verfassungsänderung mit einer geringeren
als der im Art. 76 verlangten Mehrheit beschließt. Auch genügt
die einfache Mehrheit der Abstimmenden, wenn der Volksentscheid
durch ein Veto des Reichspräsidenten oder durch einen Einspruch
des Reichsrats gegenüber einem Beschlusse des Reichstags auf
Verfassungsänderung veranlaßt worden ist, vorausgesetzt nur, daß
die im Art. 75 geforderte Stimmbeteiligung vorhanden ist. Der
Grund für die verschiedene Behandlung der Fälle leuchtet ein.
Wenn die Volksvertretung eine Verfassungsänderung will, so
soll bei der Volksabstimmung die gewöhnliche Mehrheit der Ab-
stimmenden genügen, un dem Parlamente gegenüber einer An-
fechtung seines Beschlusses von dritter Seite zu Hilfe zu kom-
men. Wenn dagegen die Volksvertretung die Verfassungsänderung
nicht will, so soll nur die Mehrheit aller stimmberechtigten
Bürger imstande sein, die Aenderung des Grundgesetzes über den
Kopf des Parlaments hinweg herbeizuführen 2%.
is: Vgl. Abg. Koca, Sitzg. der Nationalvers. v. 5. Juli 1919, Sten. B.
S.,1346. — Abg. WALDSTEIN, Sitzg. v. 31. Juli 1919, Sten. B. S. 2157.
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