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ungewiß. Eine positive Feststellung, daß er es getan habe, ist
nicht getroffen worden; während des Jahres 1918 nahm man all-
gemein im Lande an, daß es nicht geschehen sei, daß der Herzog
sich vielmehr in ein innerrussisches Gouvernement auf einen Ver-
waltungsposten habe versetzen lassen. Erst im Jahre 1920 ver-
lautete, daß der Herzog die russische Artillerie an der Dünafront
befehligt habe. Zur Zeit der Thronerledigung war übrigens mit
Rußland der Friede von Brest-Litowsk bereits geschlossen. Daß
der Herzog, der in Rußland aufgewachsen war und dort von
Jugend auf in Militärdienst gestanden hatte, während des Krieges
dort verblieben ıst, kann man ıhm nicht allzu sehr verdenken.
Wohl aber hätte man von ihm erwarten sollen und fordern dürfen,
daß er sich vom persönlichen Kampfe gegen sein Vaterland fern-
hielt. Der Eintritt von Mitgliedern regierender Fürstenhäuser in
fremde Kriegsdienste hat in früheren Zeiten keinen Anstoß erregt,
wenn der fremde Staat mit dem Heimatstaate in Frieden lebte;
entstanden dann kriegerische Zwistigkeiten, so scheint die Auf-
fassung bestanden zu haben, daß das Verbleiben in dem Heere,
in welchem der Prinz sich zu Diensten verpflichtet hatte, ihm
nicht zur Unehre oder zum Nachteile gereichte. So ist Prinz
Eugen von Savoyen ÖOesterreichs Feldherr auch zu den Zeiten
geblieben, wo Savoyen sich dessen Gegnern anschloß. Und noch
1866 hat Prinz August von Württemberg das preußische Garde-
korps geführt, obwohl Württemberg auf Oesterreichs Seite stand.
(Beide Prinzen kamen freilich für die Thronfolge nicht in Betracht.)
Nun aber war das Nationalgefühl in Deutschland während der
letzten Jahrzehnte ein strengeres geworden; Beteiligung an einem
Kriege gegen das Deutsche Reich und Thronfolge in einem Bundes-
staat erschienen während des Weltkrieges unvereinbar. Indes darf
nicht übersehen werden, daß diese Hochspannung des National-
gefühls nicht eine dauernde Erscheinung war, und daß sie wahr-
scheinlich auch bei anderem Ausgange des Krieges nachgelassen
haben würde, jedenfalls aber eine mildere Auffassung gegen die