Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Parlamentarismus und Demokratie. 
$ 8 Demokratie ist Herrschaft des ganzen Volkes über das 
ganze Volk, nach ABRAHAM LiNncoLn: Volksregierung durch das 
Volk für das Volk. Das Volk kann aber in seiner Gesamtheit 
nicht selbst als Träger der höchsten Gewalt handelnd auftreten. 
Denn es hat als solches keinen Willen. Dieser Wille muß erst 
juristisch gebildet werden ®”. Das geschieht entweder durch Ver- 
sammlung und Beschlußfassung des ganzen Volkes — unmittel- 
bare Demokratie — oder durch allgemeine Wahl von Vertretern, 
deren Willensäußerungen als solche des ganzen Volkes gelten 
sollen — repräsentative Demokratie. Die beliebte Formel: „alle 
Staatsgewalt ruht beim Volke“ ist sonach nur insoweit von 
materieller Bedeutung, als das Volk selbst durch Abstimmung 
oder Wahlen seine Herrschergewalt ausübt. In der repräsentativen 
Republik aber gibt es seine Macht an die von ihm gewählten 
Vertreter ab und ist solange zur Tatlosigkeit verurteilt, als nicht 
nach der Verfassung seine Entscheidung selbst wieder anzurufen 
ist, Schon hierin liegt bei dieser Staatsform im allgemeinen 
3 S, hierzu RiEKER, Die rechtliche Natur der modernen Volksvertre- 
tung S. 50: „Vom juristischen Standpunkte hat es keinen Sinn, von einem 
Volkswillen zu reden, zwar nicht deshalb, wie HEGEL (Grundlinien 
der Philosophie .des Rechts S. 301) meint, weil Volk denjenigen Teil der Mit- 
glieder des Staates bezeichnet, der nicht weiß, was er will, sondern weil 
das Volk keine Rechtsperson ist und deshalb auch nicht einen Willen 
im Rechtssinne haben kann“. 
3° So hat schon ROUSSEAU für England den berühmten Ausspruch ge- 
tan: „Das Volk glaubt souverän zu sein, esirrt sich sehr, esist nur souverän 
während der Wahl zum Parlament“ (Gontrat social, Livra III Chap. XIV). — 
Wenn OTTO KOELLKEUTTER, das parlamentarische System in den deutschen 
Landesverfassungen S. 12, die wahre Bedeutung des Satzes, die Staatsgewalt 
geht vom Volke aus, darin erblickt, daß das Volk auf die Zusammen- 
setzung seiner Regierung bestimmten Einfluß habe, so ist dies zwar richtig 
in der Theorie, in der Wirklichkeit aber gibt es in den parlamentarischen 
Republiken dieses Bestimmungsrecht ausschließlich an das Parlament ab, 
solange es sich nicht selbst eine neue Vertretung schafft (s. auch 
Anm. 37 a, E.).
	        
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