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$ 12. Einfluß auf die Regierungstätigkeit.
Die zweite wichtige Aufgabe der Parlamente besteht, wie bereits
oben dargelegt worden ist, inder Kontrolleder Regierung.
VIKTOR ZENKER (a. a. O. S. 54) erblickt in dieser kontrollieren-
den Tätigkeit, „der wachsamen Aufsicht über die strenge Ein-
haltung der verfassungsmäßigen Freiheiten“ überhaupt die weit-
aus wichtigste Funktion eines modernen Parlamentes, die auch
nie beschränkt werden dürfe. Das ist zuzugeben. Das Parlament
„soll darüber wachen, daß die Gesetze des Landes wirklich und
im Geiste des Gesetzgebers zur Ausführung gelangen, daß die
Wirtschaft des Staates in verfassungsmäßiger Weise betrieben
werde und daß die Rechte der Staatsbürger geachtet; und aufrecht-
erhalten werden“ (a. a. O. S. 139). Dieses Recht des Parlamentes
soll aber immer eben nur ein Anfsichtsrecht bleiben und nur mit
den verfassungsmäßigen Mitteln — Kritik der Regierungshand-
lungen, Interpellationen, Anträgen an die Regierung, Inanspruch-
nahme der Ministerverantwortlichkeit — ausgeübt werden, nicht
aber zur Einmischung und zu Uebergriffen in die vollziehende
Staatsgewalt — sei es Rechtsprechung oder Verwaltung — führen.
Dies geschieht aber, wenn auch nicht unmittelbar, so doch mittelbar,
ınd um so intensiver bei dem parlamentarischen Regierungs-
system.
Zum Wesen dieses Systems gehört — gleichviel ob in der
konstitutionellen Monarchie oder in der repräsentativen Republik —,
daß die Minister das Vertrauen der Volksvertretung oder vielmehr
ihrer Mehrheit besitzen müssen. Es können daher nur solche
Persönlichkeiten zu Ministern berufen werden, die entweder dieser
Mehrheit angehören oder wenigstens ihr genehm sind, und sie
können ihre Stellung nur solange einnehmen, als dieses Verhäit-
nis besteht. Entzieht ihnen das Parlament sein Vertrauen, sei
es durch ausdrücklichen Beschluß (R.Verf. Art. 54; Sächs. Verf.
Art. 27 Abs. 2) oder durch Ablehnung einer Vorlage von politi-