Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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von ihm gewählten Organe — zunächst das Parlament, ferner je 
nach der Verfassung ein Regierungskollegium oder einen Staats- 
präsidenten mit seinen‘ Ministern — ausgeübt. Aber auch hier 
steht dem Parlamente mit größererer oder geringerer Selbständig- 
keit eine Regierung gegenüber, auf deren Bestellung und 
politisches Verhalten das Parlament fortdauernd maßgebenden 
Einfluß haben will. In diesem Sinne ist das parlamentarische 
System auch auf die repräsentative Republik übertragen worden: 
die leitenden Minister bedürfen auch bier des fortdauernden Ver- 
trauens des Parlamentes, und daraus ergibt sich die tatsächliche 
Herrschaft der Parlamentsmehrheit über den Staat. 
Bei der Untersuchung, wie den nachteiligen Folgen dieser 
Regierungsweise zu begegnen sei, lassen wir die konstitutionelle Mon- 
archie außer Betracht. Wir rechnen vielmehr mit der vollzogenen 
Tatsache der allgemeinen Aufhebung dieser Staatsform im Deut- 
schen Reiche und allen seinen Gliedstaaten und deren Umwand- 
lung in Republiken. Nicht angängig oder doch nicht ratsam 
erscheint auch, wenigstens bis auf weiteres, der Versuch, für 
das Deutsche Reich und seine Gliedstaaten wesentlich andere repu- 
blikanische Regierungsformen, als die jetzt verfassungsmäßig be- 
gründete parlamentarische, etwa für das Reich das Regierungs- 
system der nordamerikanischen Union oder für die Länder die 
schweizerische unmittelbare Demokratie, trotz mancher unzweifel- 
hafter Vorzüge dieser Systeme ‘° einzuführen. Wir stellen uns 
  
  
e0 Die Denkschrift zum 1. Entwurfe der neuen deutschen Reichsver- 
fassung verhält sich gegen beide Formen ablehnend. Das System der Un- 
abhängigkeit und des Gleichgewichts der Gewalten in den Vereinigten 
Staaten von Nordamerika habe seine Stärke, aber auch große Schwächen 
und Schäden gezeigt. Es führe zu einer geistigen Verarmung und politi- 
schen Verödung der Volksvertretungen, auf der andern Seite zum Beute- 
system in der Besetzung der Verwaltungsämter als kaum unvermeidbare 
Folge der übergroßen Verwaltungemacht in der Hand des plebiszitären Präsi- 
denten und des Wechsels dieser Macht je nach dem Wahlsieg der Parteien. 
Dagegen habe das System der schweizerischen Eidgenossenschaft — unmittel- 
bare Bestellung des leitenden Regierungskollegiums durch Wahl der Volks-
	        
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