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der drei großen Gruppen Landwirtschaft, Handel und Industrie,
ebenso aber auch der wissenschaftlichen und technischen Berufe,
sowie des Kleingewerbes und des Arbeiterstandes, in Gestalt eines
Staatsrates, Landesrates oder wie man sie sonst nennen will, zu
stellen und sie mit entsprechenden Befugnissen zur Mitwirkung
an der Gesetzgebung und Verwaltung des Landes sowie Kontrolle
der Regierung auszustatten. Zudem bricht sich immer mehr die
Erkenntnis Bahn, daß die heutigen Volksparlamente allein den
großen, sich immer steigernden und neue schwierige Probleme
bringenden Aufgaben des Wirtschaftslebens nicht mehr gewachsen
sind (s. auch V. BLUME im Handbuch der Politik S. 345 und
KOELLREUTTER im „Tag“ vom 20. Januar 1921). Bezeichnend ist
auch, daß jezt bereits von demokratischer Seite (Antrag SCHIFFER
und Gen.) Reformen der Arbeitsweise des Reichstages angeregt
werden, die u. a. dahin gehen sollen, daß unter gewissen Voraus-
setzungen Gesetze auch voneinem Ausschusse des Reichs-
tages beschlossen werden können‘®®. Ob das freilich ein geeigneter
Weg zur Verbesserung der Reichsgesetzgebung sein würde, muß
doch sehr bezweifelt werden, ganz abgesehen von den hiergegen
bestehenden, sehr erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ®%.,
Denn was nottut, ist nicht die Erweiterung der gesetzgebenden
Gewalt des Reichstages, sondern vielmehr ihre Beschränkung durch
63 Dies soll geschehen bezüglich aller Reichsgesetze, die nicht ledig-
lich oder hauptsächlich leitende Grundsätze enthalten und auch nicht aus
anderen Gründen von besonderer Bedeutung sind. Ob ein Gesetz vom
Reichstag oder von einem Ausschusse zu beschließen ist, solle der Aeltesten-
rat entscheiden. Der Aeltestenrat solle auch einen Gesetzentwurf dergestalt
teilen können, daß der eine Teil dem Reichstage, der andere einem Aus-
schusse zur Beschlußfassung überwiesen wird. Ein von einem Ausschusse
beschlossenes Reiohsgesetz sei unverzüglich dem Reichstage vorzulegen und
auf sein Verlangen aufzuheben.
“ 8. hierüber besonders KOELLREUTTER im Arch. des öff. Rechts
Bd. 40, 8. 219 ff.;, ferner PoETZscH, ebenda S. 156 ff. und Dove in der
Deutschen Jur.-Zeitg. 1921, Sp. 226 ff.