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Jahres zu wählende Bundespräsident ist lediglich der Vorsitzende
im Bundesrat (Schweizerische Bundesverf. vom 29. Mai 1874
Art. 95—104).
b) Die neue Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 bringt
zum ersten Male eine Kombination beider Systeme: unmittelbare
Wahl eines nicht vom Vertrauen der Volksvertretung abhängigen,
politisch unverantwortlichen Präsidenten durch Urabstimmung des
ganzen Volkes auf die Dauer von je 7 Jahren (Reichsverf. Art. 41,
43) aber unter gleichzeitiger Beschränkung desselben in der Er-
nennung des Reichskanzlers und der Reichsminister auf solche
Persörfimeieistiifen, die das Vertrauen des Reichstages haben (Art. 53,
54). Und hierin liegt der wunde Punkt: der Reichspräsident
hat zwar nach Art. 45—49, 24, 25, 53, 70, 73 Abs. 1 eine
ganze Reihe von wichtigen hoheitlichen Befugnissen und ist
insofern nicht bloßes Dekorationsstück, er ist aber nicht die Regie-
rung, Exekutive im eigentlichen Sinne, sondern diese besteht nach
Art. 52 aus dem Reichskanzler und den Reichsministern, und
dieses Kabinett ist in der Verfassung (Art. 122, 151,2, 18°,*, 56,
S. 1, 2, Art. 66, 631, 692, 73®, 77, 88°, 91, 165%, 179?) mit
z&hlreichen, sehr bedeutsamen Befugnissen ausgestattet, in deren
Ausübung die Minister gegenüber dem Reichspräsidenten durchaus
selbständig sind und staatsrechtlich 'keiner Einwirkung von dessen
Seite unterliegen. Da aber das Reichskabinett numwvom fortdauern-
den Vertrauen des Reichstages getragen sein muß, so folgt hieraus
zugleich die Abhängigkeit der Exekutive von der Legislative und
damit die Suprematie des Parlamentes auch im Reiche”!.
?ı Besonders treffend und anschaulich wird die Stellung des Reichs-
kabinetts neben das Staatshaupt mit ihren Konsequenzen dargelegt von
LuKaAs in den „Grundlagen der neuen Reichsverfassung® S. 36 ff. S. auch
LUSENSKY, Der neue Staat (1920) S. 76 ff. und NawıAsky a. a. O. S, 71ff.:
„Wir sehen beim Reichspräsidenten eine Fülle von Macht. Wäre er in
allen diesen Punkten selbständig, so würde er ein vollkommenes Gegen-
gewicht gegen den Reichstag darstellen, seine Position entspräche durch-
aus der des amerikanischen Präsidenten (S. 72). Nun ist er aber in der