Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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von sozialdemokratischer Seite geltend gemacht wurde”*. Vor 
allem aber steht dahinter die dem Parlamentarismus von Haus 
aus innewohnende Tendenz, den Staat allein zu beherrschen, kein 
wirkliches Staatsoberhaupt neben sich zu dulden, sondern darin 
nur ein gefügiges Werkzeug zur Erreichung parteipolitischer Ziele 
zu haben. Jene Befürchtung ist aber ebenso grundlos, wie die 
Herrschsucht des Parlamentes undemokratisch ist. Dervom ganzen 
Volke auf bestimmte Zeit gewählte republikanische Präsident ist, 
selbst wenn er, wie der Präsident der Vereinigten Staaten, mit 
fast königlicher Macht ausgestattet wäre, doch nie die „den Staat 
in Bewegung setzende und erhaltende höchste Gewalt“, also nie 
ein Monarch. Denn über ihm steht als höchstes Staatsorgan 
innmer das souveräne Volk, das ihn zur Verantwortung ziehen und 
gegebenenfalls ebenso wieder abberufen kann, wie es ihn zu seiner 
Stellung erhoben hat. Und gerade hierin liegt wahre Demokratie, 
nicht aber in der oligarchischen Beherrschung des Staates durch 
”4* So wird auch im Berichte des Ausschusses der sächsischen Volks- 
kammer über den Entwurf der neuen sächs. Verfassung an vielen Stellen 
mit „demokratischen Grundsätzen“ operiert, wo solche gar nicht in Frage 
kommen, insbesondere hinsichtlich der im Regierungsentwurfe in Anspruch 
genommenen Auflösung des Landtages durch das Gesamtministerium als 
oberste Staatsbehörde: „Es widerspreche demokratischen Grundsätzen, wenn 
das Gesamtministerium, das der Landtag gewissermaßen als seinen Vertrauens- 
ausschuß erst geschaffen habe, nunmehr den Landtag, seinen Schöpfer, nach 
Hause schicken dürfe“, heißt es im Berichte S. 9. Das hat aber mit Demo- 
kratie gar nichts zu tun, sondern ist nur eine Frage der richtigen Macht- 
verteilung zwischen Regierung und Parlament. Um so weniger könnte das 
Auflösungsrecht einem Staatspräsidenten vorenthalten werden, dem sein 
Amt nicht vom Parlamente, sondern unmittelbar vom Volke übertragen 
worden ist. — Mit besonderer Energie tritt O. KOELLREUTTER a. a. 0. 8.13 
für das selbständige Auflösungsrecht des Staatspräsidenten ein: „Die Regie- 
rung im demokratischen Staat muß die Möglichkeit haben, bei Konflikten 
mit dem Parlament ihre eigene Meinung selbständig dem Volke zur Ent- 
scheidung unterbreiten zu können. Hat die Regierung diese Möglichkeit 
nicht, muß sie bei jedem Konflikt mit dem Parlamente ohne weiteres zurück- 
weichen, so setzt sich das Parlament an die Stelle des Volkes, ohne daß 
die Möglichkeit der Nachprüfung besteht, ob der Wille des Parlamentes 
nun auch wirklich den Willen des Volkes widerspiegelt.“
	        
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