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Zweifeln und Schwierigkeiten, besonders bei der richterlichen Prüfung
der Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung geben wird. Die von
ZENKER und OFNER gegen die Art der parlamentarischen Rechts-
setzung an sich erhobenen Einwände aber werden durch den Vor-
schlag überhaupt nicht getroffen, demnach auch nicht beseitigt.
Undihnen läßt sich auch, selbst wenn man sie allenthalben als sachlich
berechtigt anerkennen wollte, durch irgendeine Verfassungsbestim-
mung gar nicht beikommen. Denn so wenig wie man dem Ge-
setzgeber dahin vinkulieren kann, daß er in seiner Omnipotenz
nie das Gebot der Gerechtigkeit verletze, ebensowenig kann man
einem Parlamente mit verbindlicher Kraft vorschreiben, daß es bei
Ausübung seiner gesetzgebenden Gewalt immer nur einer bereits
vorhandenen Volksüberzeugung Ausdruck gebe, nicht selbständig
neues Recht schaffe, nur „Volksrecht“, nicht „Herrenrecht“ be-
gründe ’®*. Im übrigen aber läßt sich auch eine sachliche Beschrän-
kung des Gebietes der Gesetzgebung auf bestimmte Gegenstände
weder theoretisch rechtfertigen noch praktisch wirksam durchführen.
Denn dem allgemeinen Verfassungsgrundsatze, daß kein Gesetz
ohne Zustimmung der Volksvertretung gegeben werden kann, liegt
ein allgemeiner materieller Gesetzesbegriff zugrunde, der sich
nicht nach rein äußerlichen Merkmalen, sondern nur nach seinem
innern Wesen bestimmen läßt. Dieses Wesen des Gesetzes besteht
”s@ Diese Frage fällt zusammen mit der Frage nach dem Verhältnis
des Staates zum Rechte, auf die hier nicht näher eingegangen werden
kann. S. darüber W. SCHELCHER a. a. O. S. 20 flg. ZENKER folgt der
Anschauung HERBERT SPENCERs, daß das Recht das prius sei; der Staat
sei weder der Schöpfer der Rechtsordnung noch der subjektiven Rechte der
Staatsbürger, es könne sich hierbei nur darum handeln, daß die Rechte
formuliert und Maßregeln zu ihrem Schutze geschaffen werden. S8. hier-
gegen ApDoLF MENZEL in der Zeitschr. für Öffentl. Recht 2. Bd. S. 414,
ferner RUDOLF IHERING, Zweck im Recht 2. Bd. S. 320: „Der Staat ist die
alleinige Quelle des Rechts“, andrerseits aber GIERKE, Grundbegriffe des
Staatsrechts (1915) S. 108: „Recht und Staat bedingen sich gegenseitig;
beide sind sich ebenbürtig, das Recht ist so wenig vom Staate wie der
Staat vom Rechte gezeugt.“