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sichten sind in der Literatur vertreten. So meint PommE°”, daß das
RGIB. erst dann „ausgegeben“ ist, wenn es ganz dem Postzeitungsamt
zur Beförderung übergeben ist. Hiergegen spricht vor allem, daß dieser
Augenblick weder auf die Kenntnis des Gesetzblattinhalts noch besonders
auf die Möglichkeit solcher Kenntnis von Einfluß ist. Dem gesamten
(fesetzgebungsorganismus ist das Gesetz entrückt schon mit dem Beginn
der Ausgabe des betr. RGBl. Hiergegen spricht ferner der Hergang der
Entstehung des Ausgabevermerkes, also die praktische Anwendung des
S 2 der Präsid.VO. vom 26. 7. 1867. Denn in Wirklichkeit wird denı
Ausgabevermerk der Zeitpunkt des Beginnes der Ausgabe zugrunde
gelegt, nicht der ihrer Vollendung”. Die gegenteilige richtige An-
sicht, daß der Beginn der Ausgabe der maßgebende Zeitpunkt ist,
vertritt Lasann®, Er macht die Vollendung der Verkündung ab-
hängig von der Möglichkeit für die Allgemeinheit 31, Kenntnis von dem
Gesetze zu erlangen. Wir sahen oben, daß die ersten Abdrücke, die
sog. Aushängebogen, u. a. auch in das Reichsministerium des Inneru
geschickt werden. Darin indessen kann ?? eine Ausgabe noch nicht er-
blickt werden, wenn nämlich „einzelne Exemplare des Gesetzblattes
verteilt, etwa auf die Tische der Ministerialräte, gelegt werden“ °°.
Maßgebend ist vielmehr der Augenblick, in dem die ersten Gesetzblätter
an das Postzeitungsamt oder an die Redaktion des Reichsanzeigers oder
an Wolffs Telegraphenbureau gelangen, mögen es auch der Zahl nach
noch so wenige sein. Von jetzt ab sind sie nämlich der Allgemeinheit
zugänglich, von jetzt ab kann sie der Draht im ganzen Reich verbreiten,
jetzt können sie durch Abdruck im Reichsanzeiger allgemeinkundig
werden, jetzt endlich kann das Postzeitungsamt mit ihrer Versendung
®® DJZ. 1920 Sp. 520.
?® Vgl. oben bei Anm. 18.
3 In HoLDHEIMs Mschr. a. a. O. S. 92, diese Ausführungen treffen
auch heute noch zu, denn etwas Neues hat die RV.1919 in diesem Punkte
nicht gebracht. Ferner SEYDEL-PILOTY, a. a. O. S. 842, Dyrorr, Rechts-
satzung u. Ges. nach bayer. Staatsrecht, S. 43, HEmıTtz in DJZ. 1905 Sp. 636
Anm. 1.
1 Jeder einzelne gehört nicht dazu, vgl. O. MAyEr, a. a. O. Bd. 1
S. 244 — „eine Art gesellschaftliches Gemeingut“ —, auch v. Mont, Politik,
Bd. 18. 597 £.
”? Wie LABAND a. a. O. treffend hervorhebt.
?3 Worte LABAnDs a. a. O.