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5. Ist es zulässig, daß ein preußisches Gesetz dem Landtag
Ausführungsbestimmungen vorbehält und diese auch erläßt, aber
ohne den Staatsrat zu hören?
Die Ergebnisse meiner Ueberlegung auf diese Fragen habe ich,
vorbehaltlich einer endgültigen Prüfung, kurz zusammengefaßt.
Sie sind in der Drucks. Nr. 147 des Preußischen Staatsrats von
1921 Sp. 12 ff. wiedergegeben. Am 7. Januar 1921 erstattete
ich auf Wunsch des Herrn Staatsrats-Präsidenten das endgültige
Gutachten, das hiermit veröffentlicht wird und zwar mit einigen,
allerdings wesentlichen, Ergänzungen, die dazu bestimmt sind,
den ganzen Umkreis der neuen Einrichtung (über den kasuisti-
schen Anlaß des Gutachtens hinaus) zu beschreiten und dadurch
ein abgerundeteres Bild des Staatsrats zu schaffen, als es durch
die dem besonderen Zwecke angepaßte Darlegung in ihrer ur-
sprünglichen Fassung möglich war. Insbesondere sind die Aus-
führungen über das richterliche Prüfungsrecht der Gesetze und der
Vergleich mit dem Reiehsrat hinzugekommen.
Es liegt von vornherein zutage, daß die gestellten Fragen
Grundprobleme der verfassungsrechtlichen Organisation und Funk-
tion des preußischen Freistaates berühren. Eine begründete Ant-
wort läßt sich nur erwarten, wenn die Untersuchung bis zu den
Ursprungsquellen der staatlichen Neugestaltung vordringt. So
ist es erforderlich, die Entstehung des Staatsrats und die bei
seiner Schaffung obwaltenden Absichten und Pläne zu erforschen.
Natürlich nur in den Grenzen des Gegebenen und Möglichen;
denn die Materialien des Verfassungsgesetzes vermitteln, wie die
Erfahrung beweist, eine alle Zweifel beseitigende Lösung nicht,
äußern sich tiberhaupt nicht zu den Sonderfragen, die uns hier
beschäftigen. Aber sie gebon die Möglichkeit, allgemeine Grund-
sätze aufzufinden, die für die Beantwortung der Spezialfragen
dienlich, aber auch unerläßlich sind.
Es ist nicht nur zu prüfen, was der Wille des Ver-
fassungsgesetzgebers war, sondern was er, einem als