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tretung ebensowenig in Abrede stellen, wie die Eignung der
Ersten Kammer zur Vermittlung von Gegensätzen zwischen der
Regierung und der anderen Kammer und, was besonders schwer
wiegt, als Korrektur eines einseitigen Wahlsystems. Der Haupt-
fehler der Verhältniswahl ist, „daß sie jede Nachwahl ausschließt,
die Wahl der Abgeordneten dem Zufall des Ausscheidens und
Aufrückens und dem Willen der Parteileitung überläßt und da-
durch die Verbindung zwischen dem Volk und den Abgeordneten
zerstört“. Weder die absolute Mehrheitswahl noch die proportionale
Vertretung gibt ein wahres Spiegelbild des Volkswillens im
Parlament ®.
Immerhin waren in Preußen jene Bedenken gegen den Parla-
mentsabsolutismus auch in dem am 25. Februar 1919 der ver-
fassunggebenden preußischen Landesversammlung vorgelegten Ver-
fassungsentwurf (Drucks. Nr. 2000) zu deutlichem Ausdruck ge-
kommen. Er hatte in seinen 88 50—57 die Bildung eines Finanz-
rates zur Mitwirkung bei Gesetzen von finanzieller Bedeutung
vorgeschlagen. Ihm sollten angehören
1. die nach Art. 63 Reichsverfassung von den Provinzial-
verwaltungen bestellten preußischen Mitglieder des Reichsrats,
2. kraft amtlicher Stellung für die Dauer des von ihnen be-
kleideten Amts der Präsident der ÖOberrechnungskammer, der
Präsident der preußischen Staatsbank (Seehandlung), der Präsident
der Hauptverwaltung der Staatsschulden und der Präsident der
Zentralgenossenschaftskasse,
3. die durch: den Landtag zu wählenden Mitglieder, die an
Zahl zusammen mit den unter 2 Genannten so viel betragen müssen
wie die unter 1 angeführten Mitglieder.
Im übrigen war geplant, die zu wählenden Mitglieder vom
* Vgl. A. MENDELSSOHN BARTHOLDY, Ein- oder Zweikammersystem ?
Handbuch der Politik 2. Aufl. 1. Bd. (1912) S. 401 ff., 3. Aufl. 1. Bd. (1920)
S. 352 ff. mit reichen Literaturangaben und STIER-SOMLO, Die Verfassungs-
urkunde der Vereinigten Staaten von Deutschland 1919 S. 19 und 70;
SOHELCHER a. a. O. S. 323 ff.