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Es ist von Interesse und für die Auslegung von Bedeutung,
die sich allmählich zu typischen Ausdrucksformen zusammen-
schließenden Meinungen über den Grundcharakter des Finanz-,
später des Staatsrats in den Aeußerungen von Abgeordneten und
Regierungsvertretern zu verfolgen.
In der ersten Beratung des Verfassungsentwurfs in der Voll-
versammlung am 26. April 1920 erklärte der damalige Minister
des Innern, SEVERING, als „die wichtigste Frage des Entwurfs“
die des Finanzrates. Von dieser Seite fiel in der verfassung-
gebenden Landesversammlung zum erstenmal das Wort von dem
retardierenden Element, das sich im Finanzrat gegebenüber solchen
Beschlüssen des Landtages verkörpert, die eine besondere finan-
zielle Tragweite haben. Nach Angabe der Fälle, in denen die
Zustimmung des Finanzrates einzuholen sein würde, führte der
Minister aus, „der Finanzrat soll also auf dem Gebiete seiner
Obliegenheiten kein gleichwertiges Votum neben dem Land-
tage haben, er soll keine Erste oder Zweite Kammer
sein. Vielmehr steht ihm nur einsuspensives Veto gegen-
über den Landtagsbeschlüssen zu. Im Falle der Beanstandung
solle er'nur eine erneute Beratung des Landtages herbeiführen ;
seine Beanstandung soll nur dann durchdringen, wenn diese er-
neute Beratung nicht zur Aufrechterhaltung des beanstandeten
Landtagsbeschlusses mit Zweidrittelmehrheit führt. Die Tatsache,
daß der Finanzrat keine Kammer neben dem Landtage ist, spricht
sich auch darin aus, daß er nicht öffentlich berät“. (Sten. Ber.
S. 11002 bis 11005.) Der Abgeordnete HAUSCHILD (Soz.Dem.)
erklärte im Namen seiner Partei, daß sie nicht einsehe, wozu das
sogenannte retardierende Element in die Verfassung eingefügt
werden solle; sie wolle an dem Grundsatz des Einkammersystenis
in vollster Reinheit festhalten und keinen Vorschlägen zustimmen,
die, sei es indirekt, sei es direkt, auf eine Durchlöcherung des
Prinzips hinausliefen (das. 11013). Hingegen verlangte der Ab-
geordnete Dr. v. KrıEs (D.Nat.V.P.) für seine politischen Freunde