Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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richtiger gehalten werden sollte, dem Präsidenten allein, die 
Berufung der Minister zu übertragen. Jedenfalls müßten 
hierPersoneninTätigkeittreten, dieaußerhalb 
des Parteikampfes ständen. (Aussch.Ber. Sp. 42/43). 
Die geltende preußische Verfassung hat weder die Auflösung 
des Landtages noch die Bestellung der Mitglieder des Staatsmini- 
steriums® dem Staatsrat übertragen, ist nur bei jener Auflösung 
nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 beteiligt‘. Ihm wurde anderer- 
s Es wählt der Landtag ohne Aussprache den Ministerpräsidenten 
(Verf. Art. 45 Satz 1), obwohl das Bedenkliche dieses Verfahrens während 
der Verfassungsberatung oft hervorgehoben wurde. Es ergibt sich damit 
eine so starke Abhängigkeit des Ministeriums vom Landtag, daß der ohne- 
dies erhebliche Parlamentsabsolutismus kraß zutage tritt, sieh praktisch 
in der Einmischung in die Verwaltung zeigt, da eine Beschränkung auf 
das in Art. 29 der Verf. gegebene Recht des Landtags, die Grundsätze 
für die Verwaltung der Staatsangelegenheiten aufzustellen und ihre Aus- 
führung zu überwachen, nicht stattfindet, sich vielmehr in einer Ueber- 
spannung des Systems der Parteiregierung, in einer Verteilung der Beamten- 
stellen häufig nach Parteizugehörigkeit äußert. Daß an sich die „gewalten- 
verbindende* Demokratie nicht zu diesem Ergebnisse führen muß, zeigt 
England, wo zwar die parlamentarische Regierungsweise „rein® durchge- 
führt ist, das Uebergewicht des Kabinetts gegenüber dem Unterhaus jedoch 
vollendete Tatsache ist. Vgl. statt Vieler Sınney Low, Die Regierung 
Englands, ins Deutsche übersetzt von Hoors, Tübingen 1908 S. 57—87. — 
Nach Art. 45 Satz 2 der preuß. Verf. ernennt der Ministerpräsident die übrigen 
"Staatsminister. Auch er ist praktisch-politisch infolge der in der Verfassung 
ausgeprägten Vorherrschaft des Parlaments hierbei sehr stark von dem 
Landtag bzw. den Fraktionen abhängig. 
° Es gibt drei Möglichkeiten der Landtagsauflösung: 
a) durch den Landtag selbst. Hierzu ist nach Art. 14 Abs. 2 die Zu- 
stimmung von mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl (nicht 
der anwesenden) erforderlich. Diese Regelung ist denkbar unglücklich, 
zumal es an dem das Gleichgewicht haltenden Staatspräsidenten in Preußen 
fehlt. Anders die Regelung im Reiche (RVerf. Art. 25). Vgl. die treffliche 
Untersuchung von HEINRICH PoHL, Die Auflösung des Reichstags, 1921. 
b) Der Landtag kann aufgelöst werden durch Volksentscheid (Art. 5 
Abs. 1 Ziff. 3 preuß. Verf... Dasselbe bestimmt auch Art. 14 Abs. 1, wobei 
in Satz 2 dem Staatsrat das Recht gegeben ist, einen solchen Volks- 
entscheid durch Beschluß herbeizuführen; ob der Volksentscheid recht-
	        
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