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würden immer von der Wahl abhängen. Jeder, der gewählt sei,
habe den Wunsch, wiedergewählt zu werden und wäge daher seine
Worte sehr sorgsam ab, um die Wähler nicht vor den Kopf zu
stoßen! Im Finanzrat werde man vielleicht sehr offenherzig reden,
die Verhandlungen seien aber nicht öffentlich, draußen werde daher
kein Mensch erfahren, was gesprochen worden sei.“ (Daß die
Vollsitzungen des Staatsrats Öffentliche sind, bestimmt jetzt Art. 39
der Verfassung).
Der Abgeordnete Dr. PREUSS sah sich im Anschluß an die
Frage der Landtagsauflösung zu den grundsätzlichen Bemerkungen
veranlaßt: Keine Verfassung der Welt kenne einen
einzigen allmächtigen Faktor, alle parlamentarischen
Verfassungen hätten neben dem Parlament, das allerdings
ein überwiegendes Gewicht habe, einen irgendwie selbständigen
Faktor, sei es eine Zweite Kammer, sei es die Krone. In reinen
Demokratien wie der Schweiz habe man wenigstens darin einen
gewissen selbständigen Faktor, daß die Regierung vom Parlament
auf Zeit gewählt werde Man müsse zu irgendeiner selbstän-
digen Stelle neben dem Landtag kommen, um nicht diesen
beispiellosen Parlamentsabsolutismus zu be-
festigen. Im Einverständnis mit dem Berichterstatter möchte
er der Auffassung entgegentreten, daß der Staatsrat nur eine
verschleierte Erste Kammer sei. Wohl sei er das, wenn man in
ihm mit det Vertretung der Provinzen eine berufsständische Ver-
tretung zusammenfasse Wenn man davon überzeugt sei, daß
es im Sinne des Parlamentarismus und einer organisierten Demo-
kratie liege, neben dem Landtag noch irgendeine Stelle zu setzen,
so komme man zu dem Staatsrat mit den beschränkten Zuständig-
keiten, die der Berichterstatter hervorgehoben habe (Aussch.Ber.
Sp. 47—50).
Dr. FREUND, Staatssekretär im Ministerium des Innern berief
sich bei seiner Erörterung des Staatsratsproblems darauf, es sei
immer gesagt worden, man brauche ein retardierendes Element