— 147 —
gegenüber der einen Kammer; er suchte an der Hand der bis-
herigen Wirksamkeit des dem Staatsrat zu vergleichenden Reichs-
rats nachzuweisen, daß sowenig wie von ihm, so auch nicht vom
Staatsrat eine die verfassungsmäßige Entwicklung hemmende Tätig-
keit befürchtet werden dürfe (Sp. 50 ff., a. a. O.).
Der Abgeordnete Dr. LEiDIG (D. Volksp.) machte darauf
aufmerksam, „daß in den ganz unhistorisch, zum Teil mit dem
Lineal geschaffenen amerikanischen Einzelstaaten das Zweikammer-
system fast überall durchgeführt sei, so daß sich fast überall
außer der gesetzgebenden Kammer ein Senat finde. Wenn es
dort möglich sei und sich als zweckmäßig erwiesen habe, warum
sollte es dann nicht auch in diesem in Jahrhundertelanger histo-
rischer Entwicklung gewordenen preußischen Staatskörper sich
durchführen lassen?“ (Sp. 53). Der Abgeordnete Dr. LAUSCHER
(Zentrum) will eine Erste Kammer im Sinne der früheren Ver-
hältnisse, das alte sog. Herrenhaus, in keiner Form wieder auf-
leben lassen. Es sei aber nicht so, daß ein Staatsrat nur eine
Verschleierung der Ersten Kammer darstellen würde. Wenn man
den Staatsrat auf der Grundlage der Provinzen aufbaue, so tue
man auch nicht etwas Ueberflüssiges. Der Abgeordnete Dr. FRIED-
BERG (D. Demokr.) sprach sich für eine im wesentlichen kom-
munalständische Zusammensetzung eines Finanz- oder
Staatsrates aus (Sp. 55ff., 59 ff.), ebenso der Abgeordnete CHRI-
STANGE (U. Soz.Dem.).
Während die übrigen Auseinandersetzungen in der ersten
Lesung des Verfassungsausschusses über das Ausmaß der Rechte
des Staatsrats die verschiedensten Ansichten zutage förderten, ist
in einem Unterausschuß wieder die Frage grundsätzlich erörtert
worden, was der Staatsrat eigentlich darstellen sole. Der Unter-
ausschuß ist in seiner Mehrheit darüber einig gewesen, daß der
Staatsrat nicht eine Erste Kammer sein, sondern eine Mitwirkung
der Provinzen bei der Leitung des Staates darstellen sollte
(Sp. 179 ff.). Im Verfassungsausschuß selbst ist dann aber vom
10*