Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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nehmen scheint, ein Gesetz dann für verbindlich erklärt, wenn das 
Staatsministerrum sein verfassungsmäßiges Zustandekommen ge- 
prüft, im bejahenden Sinne beantwortet und hiernach die Ver- 
kündung vorgenommen hat. Vielmehr wird in jener Bestimmung 
ausdrücklich zweierlei zur Verbindlichkeit der Gesetze gefordert: 
a) das verfassungsmäßige Zustandekommen und b) die Verkün- 
dung des Staatsministeriums in der vorgeschriebenen Form. Das 
Staatsministerium ist wohl zur Erfüllung der zweitgenannten Voraus- 
setzung, nicht aber zu einer verfassungsrechtlich maßgebenden, 
alle Staatsangehörigen bindenden Entscheidung 
darüber berufen, zu prüfen, ob das Gesetz verfassungs- 
mäßig zustandegekommen ist. Das ist eine Frage, 
die nach objektivem Verfassungsrecht von den zur Anwendung 
des Gesetzes berufenen Amtsstellen beurteilt werden muß, während 
die Entscheidung dieser Frage in keiner Rechtsvorschrift in den 
Kreis der Macht- oder Rechtsbefugnisse des Staatsministeriums 
gelegt worden ist. Ob dazu der ordentliche Richter berufen ist, 
mag — um dies hier zunächst nur vorläufig zu bemerken — streitig 
sein; jedenfalls besteht eine die deutsche Wissenschaft, hohe wie 
höchste Gerichtshöfe beschäftigende Frage, ob und inwieweit der 
Richter dazu berufen ist. Schon in dieser Fragestellung liegt jeden- 
fallseingeschlossen, daß weder die Verfassung noch ein anderes Gesetz 
mit der Prüfung der Rechtsgültigkeit der Gesetze die Staatsregie- 
rung beauftragt hat. Sonst könnte das Problem gar nicht ge- 
stellt werden, ob es sich um die Zuständigkeit des Richters 
zur Prüfung der Rechtsverbindlichkeit der Gesetze handelt. Daß 
das Staatsministerium zu einer alle Staatsangehörigen in 
‚Preußen bindenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines 
Gesetzes befugt sein sollte, wird gar nicht erörtert. Nicht zu 
verwechseln ist damit die rein tatsächliche Frage, ob nicht das 
Staatsministerium vor Verkündung sich selbst über das ver- 
fassungsmäßige Zustandekommen Rechenschaft abzulegen und die 
Publikation nur dann vorzunehmen hat, wenn es zu einem bejahen-
	        
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