— 116 —
B. beim parlamentarischen Regierungssystem ist eine Ueber-
einstimmung zwischen der das Staatsministerium tragenden Parla-
mentsmehrheit bzw. dem ständigen Ausschusse für die Regel
leicht zu erzielen; diese beiden Organe könnten daher unter Aus-
nutzung des Art. 55 jene verfassungsmäßige Aufgabe des Staats-
rats ausschalten, indem sie statt eines Gesetzes eine Verordnung
erlassen.
C. Aus der Gesetzeswirkung der Notverordnung kann
man auch — unbeschadet des obigen Verneinungsarguments zu C —
schließen, daß auch hier die bei Gesetzen vorgesehene Mit-
wirkung des Staatsrats, der Idee der Verfassung gemäß, Platz zu
greifen hat.
Es ist nicht leicht, das Gewicht oder Gründe Für und Gegen
zu einer zweifelsfreien Entscheidung zu verwerten. Mir macht
besonders der Gedanke der Dringlichkeit Schwierigkeiten.
Doch scheint mir bei Herausarbeitung der grundsätzlichen Stellung
des Staatsrats in bezug auf die Rechtssetzung die Wagschale sich
zugunsten der Annahme eines Begutachtungsrechts des Staats-
rats zu senken.
2. Wenn die Notverordnung dem Landtage beı
seinem nächsten Zusammentritt vorgelegt wird,
bedarfesauch der Vorlage an den Staatsrat?
Die Erwägungen sind dieselben wie zu 1.
A. Vorgesehen ist ausdrücklich eine solche Vorlage an
den Staatsrat nicht. Sie folgt aber aus dem Bejahungsgrunde
zu Frage 1.
B. Das Bedenken wegen der Dringlichkeit schaltet hier aus,
weil doch die Verordnung zunächst in Kraft ist, überdies die
Genehmigung des Staatsrats nicht nennenswert mehr Zeit bean-
sprucht, wie die des Landtages, eher wohl weniger. Frage 2 be-
jahe ich also.
Bedarf es also auch der Vorlage an den Staatsrat, so ist
darüber, ob dies gleichzeitig mit der Vorlage der Verordnung an