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Lehren auf das geltende italienische Recht nach; dabei wird freilich deren
&bsolute Gültigkeit, ohne den Versuch einer erkenntnistheoretischen Kritik,
statt aufgezeigt zu werden, vorausgesetzt. In diese Einzeluntersuchungen,
die den Hauptteil des Buches ausmachen, und in beneidenswerter Weise
über den ganzen Apparat der neuesten internationalen Literatur verfügen
(auch der jetzt grundsätzlicher gerichteten englischen), wollen wir dem Verf.
natürlich nicht folgen. Wir stellen nur fest, daß in allen Ländern die
gleichen Probleme und die gleichen geistigen Strömungen an der Tages-
ordnung sind. Selbst die Irrtümer sind international: der freirechtlichen
Bewegung, deren Abneigung gegen den Positivismus DEL VECCHIO teilt,
wirft er mit dem bekannten (in Deutschland schon überwundenen) Miß-
verständnis vor, sie erstrebe „aequitas cerebrina“!
Deutschland und Italien haben einander auch auf diesem Felde viel
zu bieten; möge jenes gleich diesem die beschränkte Geringschätzung der
Rechtsphilosophie endlich überwinden, dieses gleich jenem einsehen, daß
die philosophische Behandlung auf den Boden einer kritischen Erkenntnis-
lehre gestellt werden muß. Man braucht nicht stehen zu bleiben bei
KAnT, aber man muß einmal mit ihm gerungen haben.
Freiburg ı. B. H. Kantorowicz.
H. Herrfahrdt, Das Problem der berufständischen Ver-
tretung von der französischen Revolution bis zur
Gegenwart, 1921, D. Verlagsanstalt, Stuttgart, 193 S.
Das Problem der berufständischen Vertretung ist heute wieder eines
der brennendsten in unserm Staatsleben. Trotzdem fehlte es bis jetzt an
einer bis in die Gegenwart fortgeführten Schilderung und Würdigung dieser
Frage. Ist das vorliegende Buch schon aus diesem Grunde mit Freude
zu begrüßen, so wird sein Wert durch den Reichtum seines Inhalts und
das von jeder Uebertreibung freie sorgfältig abwägende Urteil des Verf.s in
allen wichtigen Fragen noch gesteigert. So bildet das gutgeschriebene
Werk eine der wichtigsten und erfreulichsten Neuerscheinungen auf dem
Gebiete der wissenschaftlichen Politik.
Das Buch zerfällt in 3 Teile. Einer klaren und ausführlichen Ueber-
sicht über die geschichtliche Entwicklung des Problems (S. 19—138)
schließt sich eine systematische Untersuchung im zweiten Teile an (S. 141
—177). Etwas knapp ausgefallen ist der dritte Teil, der die „praktischen
Folgerungen für die Gegenwart“ zieht (S. 181—190). Das führt dazu,
daß — wie noch nachzuweisen sein wird — das Problem nicht in den
großen Kreis der heute zur Erörterung stehenden verfassungsorganisatori-
schen Fragen hineingestellt wird, von denen es doch eben nicht zu trennen ist.
Der historische Teil gliedert sich wieder in 3 Abschnitte. Von ihnen
schildert der erste die Entwicklung von der französischen Revolution bis