Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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vereinigt sind, Erzeugung des Staatswillens und Vertretung der Einzel- 
Interessen, grundsätzlich voneinander zu trennen, indem die Interessen- 
vertretung in eine neue, rein beratende Körperschaft verlegt wird, das 
Parlament aber mit allen Mitteln auf seine eigentliche Aufgabe, unparteiisch 
über den Einzelinteressen zu stehen, zugeschnitten wird“ (S. 183). Die 
Zusammenarbeit beider Körperschaften soll durch bevollmächtigte Gesetz- 
gebungsausschüsse erfolgen, deren Zusammensetzung der Verf. in einem 
Gesetzesvorschlag des näheren festlegt (S. 186). Die Gesetzgebungsausschüsse 
zerfallen danach in abstimmende und beratende Mitglieder. Die abstimmen- 
den Mitglieder zerfallen in Vertreter des Parlaments und der Regierung. 
Als beratende Mitglieder sollen dem Ausschuß angehören Vertreter aller 
durch den Gesetzentwurf berührten Interessen und Sachverständige. Die 
Berufung der beratenden Mitglieder soll durch Beschluß der Abstimmenden 
erfolgen. Von dieser Zusammensetzung erwartet der Verf. eine erzieherische 
Wirkung auf beide Teile. Dem Parlament soll nur ein Einspruchsrecht 
gegen die Beschlüsse der Gesetzgebungsausschüsse verbleiben. Im übrigen 
sollen sowohl Reichswirtschaftsrat wie Plenım des Reichstags nur noch 
eine Stätte der Aussprache sein, alle schöpferische Tätigkeit wird in die 
Ausschüsse verlegt. Nun verhehlt sich der Verf. nicht, daß die in den 
Ausschüssen sitzenden Abgeordneten Angehörige einer bestimmten Partei 
sind und von ihr die politischen Richtlinien empfangen. Er will deshalb 
die Stellung des Abgeordneten gegenüber der Partei stärken. Deshalb 
soll der Gesetzgebungsausschuß schon an allen Vorarbeiten des Gesetzent- 
wurfs teilnehmen und nach außen hin könnte das persönliche Verhältnis 
der betr. Abgeordneten zum Entwurf dadurch zum Ausdruck gebracht 
werden, daß das Gesetz mit der Unterschrift der Abgeordneten, die ihm 
im Ausschuß zugestimmt haben, veröffentlicht wird. Von diesen Vor- 
schlägen erwartet der Verf. die Neuschaffung eines den Einzelinteressen 
übergeordneten Staatswillens, der eben alle Sonderinteressen in gerecht 
abwägender Weise in sich aufgenommen hat. Er will dadurch bei den 
Staatsorganen sachliches Verständnis für die Interessen aller Volksteile 
wecken und Führer heranbilden“, die ihre Stellung nicht der Kunst des 
Ausspielens einer Klasse gegen die andere verdanken, sondern die sich 
das Vertrauen des Volkes erworben haben durch unparteiische schöpferische 
Leistungen im Dienste des Gesamtwohls, aufgebaut auf praktische Kenntnis 
der Lebensbedingungen und Bedürfnisse aller Volksklassen“ (S. 189). 
Wahrlich ein mit allen Mitteln zu erstrebendes Ziel! Aber es er- 
scheint mir doch recht fraglich, ob die Vorschläge des Verf.s uns diesem 
Ziele näher bringen können. Es ist ihm ohne weiteres Zuzugeben, daß 
wir neue Formen auch im Staatsleben brauchen. Denn weder wird das 
alte jemals unverändert wiederkehren, noch befriedigt die gegenwärtige 
Staatsform, die in Ermanglung einer besseren mehr als Aushilfsmittel er- 
scheint. Immerhin muß aber die Entwicklung an die heutige Form an-
	        
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