Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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Die Minister stehen übrigens der Alternative, sich dem Land- 
tage zu fügen oder ihr Amt zu verlieren, nicht hilflos gegenüber. 
Wie der Landtag dem Ministerium das Amt entziehen kann, so 
kann die Regierung vom Landtag eine Vertrauenskundgebung ver- 
langen und, wenn sie unterbleibt, zurücktreten und damit eine 
Krise herbeiführen, durch welche die vorhandene Mehrheitskoalition 
in Frage gestellt wird. Und damit nicht genug. Bei Meinungs- 
verschiedenheiten zwischen Landtag und Regierung hat letztere 
die Füglichkeit, die Entscheidung dem höchsten Staatsorgane, dem 
Volke, d. h. der Gesamtheit der Stimmberechtigten durch Herbei- 
führung der Landtagsauflösung anheimzustellen. Die Regierung 
hat kein unmittelbares Recht, den Landtag aufzulösen, aber sie 
kann die Wählerschaft nötigen, durch Volksentscheid die Auf- 
lösung des Landtags zu beschließen oder abzulehnen und dadurch 
kundzugeben, ob sie auf seiten der Regierung oder auf seiten des 
Landtags steht. Hat das Gesamtministerium die Herbeiführung 
eines Volksentscheides beschlossen und diesen Beschluß dem Land- 
tage mitgeteilt, so kann nach Art. 27 Abs. 4 der Verfassung bis 
Kontrolle des Vollzugs- und Zentralrates aus, aber so, daß dieser nur das 
Recht hatte, die Volksbeauftragten zu entlassen und andere an ihre Stelle 
zu setzen. VAN Husen a.a. 0. S. 37 f., 8.40 f.: „Es konnte kein Zweifel 
sein, daß der Zentralrat den Volksbeauftragten keine Befehle zu erteilen 
hatte, sondern daß diese omnipotent waren, solange es der Kontrolle des 
Zentralrats gefiel, sie im Amt zu belassen. Die Nichtzulässigkeit des 
Hineinregierens war klar ausgesprochen und dies war gerade der Zweck 
der Machtabgrenzung, denn die Revolution brauchte und wollte, ein Organ, 
das allein regieren sollte, ohne daß die Möglichkeit bestand, daß ein 
zweites Organ in diese Anordnungen hineinbefahl.* S. 44 f.: „Die Volks- 
beauftragten unterlagen nicht der Aufsicht, sondern der Kontrolle des 
Vollzugs- und Zentralrate. Diese Bezeichnung wurde stets für das Ver- 
hältnis der beiden Organe gebraucht, deren Stellung zueinander auch völlig 
dem staatsrechtlichen Begriff der Kontrolle entspricht, welche die Möglich- 
keit gewährt, mit politischem Druck und Zwang einzugreifen, ohne daß 
diesem Eingreifen gegenüber eine Rechtspflicht zum Gehorsam besteht. 
Die Volksbeauftragten konnten zwar abgesetzt, aber nicht durch Rechts- 
pflicht zur Vornahme von Willensakten angehalten werden.* Vgl. auch 
S. 56.
	        
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