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Die Minister stehen übrigens der Alternative, sich dem Land-
tage zu fügen oder ihr Amt zu verlieren, nicht hilflos gegenüber.
Wie der Landtag dem Ministerium das Amt entziehen kann, so
kann die Regierung vom Landtag eine Vertrauenskundgebung ver-
langen und, wenn sie unterbleibt, zurücktreten und damit eine
Krise herbeiführen, durch welche die vorhandene Mehrheitskoalition
in Frage gestellt wird. Und damit nicht genug. Bei Meinungs-
verschiedenheiten zwischen Landtag und Regierung hat letztere
die Füglichkeit, die Entscheidung dem höchsten Staatsorgane, dem
Volke, d. h. der Gesamtheit der Stimmberechtigten durch Herbei-
führung der Landtagsauflösung anheimzustellen. Die Regierung
hat kein unmittelbares Recht, den Landtag aufzulösen, aber sie
kann die Wählerschaft nötigen, durch Volksentscheid die Auf-
lösung des Landtags zu beschließen oder abzulehnen und dadurch
kundzugeben, ob sie auf seiten der Regierung oder auf seiten des
Landtags steht. Hat das Gesamtministerium die Herbeiführung
eines Volksentscheides beschlossen und diesen Beschluß dem Land-
tage mitgeteilt, so kann nach Art. 27 Abs. 4 der Verfassung bis
Kontrolle des Vollzugs- und Zentralrates aus, aber so, daß dieser nur das
Recht hatte, die Volksbeauftragten zu entlassen und andere an ihre Stelle
zu setzen. VAN Husen a.a. 0. S. 37 f., 8.40 f.: „Es konnte kein Zweifel
sein, daß der Zentralrat den Volksbeauftragten keine Befehle zu erteilen
hatte, sondern daß diese omnipotent waren, solange es der Kontrolle des
Zentralrats gefiel, sie im Amt zu belassen. Die Nichtzulässigkeit des
Hineinregierens war klar ausgesprochen und dies war gerade der Zweck
der Machtabgrenzung, denn die Revolution brauchte und wollte, ein Organ,
das allein regieren sollte, ohne daß die Möglichkeit bestand, daß ein
zweites Organ in diese Anordnungen hineinbefahl.* S. 44 f.: „Die Volks-
beauftragten unterlagen nicht der Aufsicht, sondern der Kontrolle des
Vollzugs- und Zentralrate. Diese Bezeichnung wurde stets für das Ver-
hältnis der beiden Organe gebraucht, deren Stellung zueinander auch völlig
dem staatsrechtlichen Begriff der Kontrolle entspricht, welche die Möglich-
keit gewährt, mit politischem Druck und Zwang einzugreifen, ohne daß
diesem Eingreifen gegenüber eine Rechtspflicht zum Gehorsam besteht.
Die Volksbeauftragten konnten zwar abgesetzt, aber nicht durch Rechts-
pflicht zur Vornahme von Willensakten angehalten werden.* Vgl. auch
S. 56.