Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

—_— 2 — 
als im letzten Satze eine kirchliche Spezialgesetzgebung ge- 
radezu gefordert wird, während in Abs. 3. ausgesprochen wird, 
daß die Religionsgesellschaften ihre Angelegenheiten innerhalb 
der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ordnen dürfen, 
wodurch die kirchliche Spezialgesetzgebung 
ausgeschlossen wird.* 
Diese Bemerkung war — am 17. Juli 1919 — noch zu- 
treffend, solange, bis der Abs. 8 des Art. 137 — am 31. Juli 
1919 — seine neue Fassung fand. Diese erfordert nun zu Abs. 3 
kein Landesgesetz mehr. Der Widerspruch ist jetzt beseitigt. 
Die Reichsverfassung ist aber gerade mit den 262 Stimmen 
der Mehrheitssozialdemokraten, des Zentrums und der Demokraten 
am 31. Juli 1919 endgültig angenommen worden. HEILFRON 
1919/20 Bd. 5 S. 450 (1919 Bd. 7 S. 450). 
Der unitarische Wille dieser 3 Mehrheitsparteien ist also 
für die Auslegung des Abs. 3 von Art. 137 RV. maßgebend. 
4. Dieser unitarische Wille ist aber auch in dem Ab- 
satz 3 des Art. 137 RV. selbst zum Ausdruck gekommen und 
zwar ın dem Wort „alle“. Dieses bedeutet in einem Reichs- 
gesetz etwas anderes als in einem Landesgesetz. Die Reichweite 
des Wortes „alle“ richtet sich nach der räumlichen Tragweite 
der betreffenden Gesetzgebung. „Alle* in einer Landesverfassung 
bezieht sich auf alle Landesangehörige, „alle“ in einer Reichs- 
verfassung bezieht sich auf ganz Deutschland. 
Das „für alle geltende Gesetz“ ist — vom Standpunkt einer 
Reichsverfassung aus beurteilt — das „für Alle, mindestens für 
alle Vereine oder Religionsgesellschaften in Deutschland 
gleichmäßig geltende Gesetz“, also ein Reichsgesetz. 
5. Die Landesgesetzgebung. 
a) Sie ist „erfordert“ bei den Absätzen 5—7, damit diese 
überhaupt im Rechtsleben angewendet werden können. Das Recht 
zur Steuererhebung nach Abs. 6 ist z. B. gewiß ein unmittel- 
bar wirkender Reichsrechtssatz, aber vorerst noch