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Im staatsrechtlichen Sinne ist unter Träger der Staatsgewalt
zu verstehen das höchste Organ des Staates, „das den Staat in
Tätigkeit setzt und erhält und die oberste Entscheidungsgewalt
besitzt.“ In der Demokratie ist es das Volk, d. h. die Gesamt-
heit der Stimmberechtigten.
Verschieden vom Träger der Staatsgewalt ist wiederum das
Staatshaupt°’!. Damit ist gemeint nicht das höchste Organ
des Staates, sondern das höchste Organ der Regierung,
der Exekutive ’®, In Art. 25 der sächs. Verfassung heißt es: „Die
Regierung wird vom Gesamtministerium, der obersten Staatsbe-
hörde, geführt.“
Wir kommen so zu dem Ergebnisse: die Regierung (als Be-
hörde) ist das Staatshaupt.
Dadurch wird bestätigt, daß es sich um keine Beamtenstel-
lung handelt. Denn republikanische Staatshäupter sind keine
Beamte.
JELLINEK °°: „Gewöhnlich werden sie unter dem Einfluße
antiker Vorstellungen und der naturrechtlichen Lehre von der
Volkssouveränitität als Magistrate, Mandatare oder Beamte be-
zeichnet ®*. Damit verbindet sich eine ganz schiefe Vorstellung.
und diese kann sehr wohl Träger der Staatsgewalt sein. Ein Rechtssubjekt
braucht ein Staatsorgan niemals zu sein. Volkssouveränität ist ebenso-
wenig wie Fürstensouveränität bloß ein historischer Rechtstitel.
si Man spricht wohl auch vom Herrscher. PILOTY, Archiv des öffentl.
Rechts Bd. 41 S. 204: „Dienstherr des Beamten ist der Herrscher oder
sein verfnssungsmäßig berufener Vertreter, in der Monarchie der König, in
der Republik der Träger der vollziehenden Gewalt, also je
nach positiver Verfassungsanordnung der Präsident, die Regierung, das
Gesamtministerium oder Einzelministerium.“ NR. ScHMIDT, Allgemeine
Staatslehre Bd. I S. 204.
°2 JELLINEK, Allgemeine Staatslehre (3) S. 619. WALTHER, Das Staats-
haupt in den Republiken S. 14f, HATSCHEK, Allgemeines Staatsrecht
Bd. IS. 94.
* System der subjektiven öffentl. Rechte (2) S. 154 fl. Vgl. auch
S. 173.
9% WALTHER a. a. OÖ. S. 177 ff.