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greß, den Elektoren, der Bundesversammlung genau so gegenüber
wie die Gewählten der Wählerschaft. Sie vollziehen ihre Funk-
tionen nicht kraft eines Auftrages, sondern kraft der Verfassung,
welche diesen auf die vorgeschriebene Weise bestellten Organen
unmittelbar dem Kreis ihrer Rechte und Pflichten anweist”®.
Diese Staatshäupter sind daher unmittelbare Organe, d. h. sie
leiten ihre Organstellung nicht von einem andern Organ ab !,
Ebenso HATSCHEK !": Man streite darüber, was wohl der
Unterschied zwischen dem Staatshaupt eines monarchischen und
dem eines Freistaates sei. Sehr beliebt sei die Ansicht, daß das
erstere ein Staatsorgan, mit eigenem Recht auf Staatsanstellung,
das letztere ein Beamter sei!” Letztere Ansicht würde aber
kaum der Tatsache gerecht, daß das Staatslıaupt der Demokratie
Präsidenten sagt: Une fois elu par les deux Chambres il acquiert une
situation qui ne leur est plus subordonnee, qui ne souffre point revocation.
Son pouvoir est distinet, independent, comme celui d’un roi ou du President
de 1848, qui n’emanait pas de l’Assemblee.“
%® Daß der deutsche Reichspräsident kein Beamter ist, wird anerkannt
von GIESE, Grundriß des neuen Reichsstaatsrechts S. 58; Mrısswer, Hand-
buch der Politik (3) Bd. II S. 43; nach HusrıcHa, Das demokratische
Verfassungsrecht des Deutschen Reichs S. 96 ist er Behörde, das ist richtig.
100 Richtiger: Sie sind keinem anderen Organ rechtlich untertan und
leiten ihre Organbefugnisse nicht von einem anderen Organe ab; sie
sind unmittelbare Organe, wenn schon mittelbar berufen.
101 Allgemeines Staatsrecht Bd. II S. 100 f.
102 yan HUSEN a. ©. O. S. 49: „Merkwürdigerweise sehen LABAND
(Staatsrecht des Deutschen Reichs 5. Aufl. Bd. I S. 216), O. Mayer (Deut-
sches Verwaltungsrecht 2. Aufl. Bd. II S. 200) und wohl auch MryeEr-
ANSCHÜTZ (Lehrbuch des’ deutschen Staatsrechts 7. Aufl. S. 499) das repu-
blikanische Staatshaupt als Beamten an, trotzdem sie die Unterordnung
als dem Beamten wesentlich anerkennen. Eine solche Dienstpflicht und
Unterordnung setzt aber voraus, auch wenn man sie als dem „Staate“ ge:
leistet betrachtet, daß irgendein Organ vorhanden ist, welchem Dienste
und Unterordnung entgegengebracht werden; beim Staatshaupt würde aber
ein solches Organ fehlen. Die obigen Schriftsteller sprechen diese Ansicht
auch nur in durchaus nebensächlichem Zusammenhange aus, um die Stellung
des Kaisers gegenüber dem republikanischen Staatshaupt abzugrenzen, ein
Versuch, der als verfehlt bezeichnet werden muß,.*®