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den Fachministern ist, ist unzutreffend; nicht das Gesamtmini-
sterium, sondern der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien
der Politik, sie sind auch für das Gesamtministeriam maßgebend.
Welche Bedeutung hat es, wenn die nun geltende Verfassung
das Gesamtministerium als höchste Staatsbehörde bezeichnet?
Auch hier können wir uns von TRIEPEL belehren lassen. Er
legt dar!!!:; Die staatsrechtliche Wissenschaft habe dem Ausdruck
„Träger der Staatsgewalt“ noch eine andere Deutung gegeben,
nämlich die, daß damit dasjenige Staatsorgan gemeint sei, für das
nach der Verfassung eine allgemeine Vermutung der Zu-
ständigkeit strete. Und dieser Begriff habe nicht nur für
das deutsche Landesstaatsrecht, für das er zunächst gebildet
worden sei, sondern auch für andere, selbt für demokratische Ver-
fassungen Bedeutung!!”. Denn in jedem Siaate könne das Be-
dürfnis empfunden werden, durch Formulierung von Zuständig-
keitsvermutungen die Lösung von Kompetenzzweifeln zu erleichtern.
Was hier vom obersten Staatsorgan gesagt ist, gilt ent-
sprechend auch vom Gesamtministerium als dem obersten Regie-
rungsorgan. Das will sagen: soweit Regierungsbefugnisse nicht
ausdrücklich durch die Verfassung dem Ministerpräsident oder
den Fachministern zugewiesen sind, ist das Gesamtministerium
zuständig !'?*,
11 A, a. 0. 8. 541f.
113 Schweizerische Bundesverf. Art. 84: „Der Nationalrat und der
Ständerat (die Bundesversammlung) haben alle Gegenstände zu behandeln,
welche nach Inhalt der gegenwärtigen Verfassung in die Kompetenz des
Bundes gehören und nicht einer anderen Bundesbehörde zugeschieden sind.“
Bayerische Verfassung $ 3 Abs. 1: „Dem Landtage steht die Ausübung
aller Rechte der Staatsgewalt zu, die nicht durch diese Verfassung oder
die Verfassung des Deutschen Reiches der Staatsbürgerschaft, den Behörden
oder den Verbänden der Selbstverwaltung vorbehalten wird.“
11?@ Anders wohl im Reich. Nach Anscattz, Kommentar S. 116 2. 4
ist die beschließende Tätigkeit der kollegialen Reichsregierung erschöpfend
in Art. 57 geregelt. Jacosı, Verwaltungsarchiv Bd. 29 S. 56 meint, daß
die Reichsverf. „den Reichskanzler als einzelnen nur für die Richtlinien-
Archiv des öffentlichen Rechts. XL. 3. 20