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erlasse ihre eifersüchtig gehütete Lokalmacht und ihre Privat-
interessen zu beeinträchtigen schienen. Gar oft geschah es, daß
einzelne Bezirke den Regierungserlassen direkt widersprechende
eigene Verordnungen erließen.
Es sei mir gestattet, einen einzigen Fall solcher Renitenz
herauszugreifen.
Bei der Desinfektionsanstalt der Hauptstadt Budapest war
infolge Uebergriffes der Arbeiter und ihrer Einmengung in Fach-
fragen, sowie völliger Disziplinlosigkeit unter dem Personal eine
Typhusepidemie ausgebrochen, der auch Angestellte erlagen. Seit
25 Jahren hatte sich ähnliches nicht ereignet. (Entnommen dem
erwähnten Berichte S. 5.) Fürwahr, ein Glück, daß nicht jeder
Mißgriff der Bolschewisten giftige Bazillen züchtete, denn sonst
hätten nur wenige von uns die Proletarierdiktatur überlebt.
5. Komitat Pest. Im Pester Komitate stand ein vom soge-
nannten Komitatssowjet geführtes Direktorium von 5 Mitgliedern
an der Spitze der Verwaltung. Die Amtschefs und höheren
Beamten wurden sofort entfernt und die so vakant gewordenen
Stellen mit Verwandten, Bekannten und Zechbrüdern besetzt. Auf
diese Weise hatten mindestens 50 vollkommen ungeschulte Männer
und Frauen Unterkunft gefunden, die nie in ihrem Leben ein Amt
auch nur gesehen hatten. Leiter der politischen Abteilung war ein
unbekannter Budapester Krawattenhändler (natürlich Jude.) In un-
mittelbarer Umgebung des Vizepräsidenten des Direktoriums be-
fand sich der aus einem allgemein bekannten Strafprozeß berüch-
tigteMörder Anton Vojtha (natürlich unter anderem Namen).
Es erfolgten Ernennungen für Stellen, die nur in ihrer Phantasie
existierten. Von Tag zu Tag nahm das Durcheinander zu, eine
unbeschreibliche. Unordnung herrschte, unprotokolliert wurden die
Aktenstücke erledigt, Verfügungen ohne Zahl und Datum aus-
gegeben. Auf Wunsch einiger kommunistischer Genossen wurden,
obne jegliche Vorbereitung, neue Gemeinden gebildet, die will-
kürlichsten Verordnungen erlassen; keinen Widerspruch duldend
Archiv des öffentlichen Rechte. XLII. 22