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bereits fertiggestellten Schlußrechnungen suspendieren. All dies
hätte große Komplikationen verursacht, das Vermögen des Staates
aber bei Aufnahme des neuen Inventars und der neuen Rechnungs-
legung zur freien Beute gemacht. Zum Glück konnte die Aus-
führung dieses gewissenlosen Planes verhindert werden. Noch
charakteristischer für ihre Denkweise ıst der Umstand, daß sie
sich die Ausspielung des Obersten Staatsrechnungshofes, dessen
Auflösung beschlossene Sache war, angelegen sein ließen. Viele
Millionen ausmachende Beträge wurden als „Vorschüsse“ mit der
Klausel flüssig gemacht: „Ohne Verpflichtung der Verrechnung.“
So wurden z. B. im Wege des Volkskommissariats für Ernährung
100 Millionen Kronen auf diese Weise für Lebensmittelbeschaf-
fungen im Auslande verausgabt, welcher Betrag eigentlich für
Waffenlieferungen bestimmt war; die Wiener Expositur des Waren-
verkehrsbureaus erhielt auf dieselbe Weise ungefähr 150 Millionen
Kronen, doch sind von diesem Gelde nie Waren auf den unga-
rischen Markt gelangt usw. Das System der Vorschüsse war
nämlich von ihrem Gesichtspunkte aus dem Grunde zweckmäßig,
weil dem Obersten Staatsrechnungshofe im Sinne unserer Gesetze
von allen erdenklichen Ausgaben monatlich Mitteilung gemacht
werden muß, während er von den angewiesenen Vorschüssen erst
am Ende des Budgetjahres Kenntnis erhält. Es wurde der zu-
ständigen Kontrollbehörde also durch dies System die Kontrolle
wenigstens vorläufig unmöglich gemacht. Der Staatsreehnungshof
wäre diesem System nicht auf die Spur gekommen, wenn es seine
Organe bei den einzelnen Behörden an Ort und Stelle durchge-
führten Ueberprüfungen nicht festgestellt hätten, wie viele Vor-
sehüsse die Räteregierung anweist. Diese werden heute natürlich
als Forderungen in Evidenz gehalten, doch wird schließlich nichts
anderes übrigbleiben als sie zu streichen.
Die Systemlosigkeit, die im Staatshaushalte herrschte und der
sie es zu danken haben, daß ihre Wirtschaftsführung heute noch
nicht klar überblickt werden kann, verursachte übrigens selbst