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Auszuscheiden aus der Gesetzesgemeinschaft sind demnach die „aus-
heimischen“ Fremden. Doch kommt ausnahmsweise vor, daß (Gesetzes-
imperative sich an solche ausheimische Fremde wenden oder Gesetzes-
untertanen Handlungen vorschreiben, die sich außerhalb des Gesetz-
gebungsgebietes auswirken, in beiden Fällen also über die Gesetzesgemein-
schaft hinausgreifen. Die Existenz solcher „hinausgerichteten® Gesetzes-
imperative widerspricht als Ausnahme von der Regel nicht der Bedeutung
der Abgrenzungsmerkmale, beweist jedoch, daß die Geltung nur innerhalb
der Gesetzesgemeinschaft kein Wesensmerkmal des Gesetzes ist. Da aber
auch die hinausgerichteten Imperative vom Willen des Gesetzgebers ab-
hängen und zum Gesetzessystem gehören, so bewendet es für alle Gesetzes-
normen bei der früher gefundenen Formel, daß sie Normen sind, die von
der Instanz einer nach räumlich-persönlichen Gesichtspunkten umgrenzten
menschlichen Gemeinschaft gesetzt sind. Diese Definition schließt nichts
aus, was zweifellos Gesetz ist; anderseits ist sie aber noch nicht erschöpfend.
Doch wird die Frage, inwieweit das Moment des Zwanges noch zur Defi-
nition gehört, der zweiten Abhandlung vorbehalten.
Dagegen bedarf es für die Zwecke der vorliegenden ersten Abhandlung
noch einer näheren Bestimmung der gesetzgebenden Instanz der
Gesetzesgemeinschaft. Der Gesetzgeber ist keiner anderen
Instanz innerhalb seiner Gesetzesgemeinschaft untergeordnet, er ist
souverän. Wenn der Gesetzgeber eine andere Instanz innerhalb der
Gesetzesgemeinschaft ermächtigt, Normen zu setzen, so steht die Geltung
der so entstehenden Imperative auch in seinem Willen. Der Verpflich-
tungsgrund der kraft Ermächtigung gesetzten Normen ist der gleiche
wie bei den Gesetzesnormen, sie sind mit gesetzlicher Kraft und Verbind-
lichkeit ausgestattete, also „gesetzliche“ Normen, aber nicht „Gesetzes*-
Normen. Denn der Gesetzgeber bildet die höhere, oberste Instanz
innerhalb der Gesetzesgemeinschaft, was natürlich nicht ausschließt,
daß der Gesetzesgemeinschaft andere, Gemeinschaften eingefügt oder
eingegliedert sind, wie dem Staat die Gemeinde, dem Bundesstaat der
Gliedstaat. Den obersten Normsetzer einer Gesetzesgemeinschaft nennen
wir souverän oder selbstherrlich. Souveränität bedeutet Unterordnungs-
losigkeit. Dagegen enthält der Begriff der Souveränität nicht: 1. die
allseitige Ueberlegenheit, sondern nur diejenige gegenüber gleichge-
arteten Normsetzern, gegenüber Normen gleicher Autorität (Gegensatz
2. B. die Normen der katholischen Kirche), 2. die Unmöglichkeit, daß.
die souveräne Instanz auch Normen für ihr eigenes Verhalten aufstellt, Im-
perative an sich selbst erteilt, 3. den Ausschluß der Abhängigkeit von Impera-
tiven fremder Normensysteme (wie Sitte und Religion), vielmehr nur den
Ausschluß der Unterstellung unter Normen, die mit rechtlicher Autorität,
gelten wollen. Nach diesen Ergänzungen definiert der Verf. — immer
noch unter Vorbehalt der Frage des Zwanges — die Gesetze als die von