—_— 372 —
herrschaftlichen „Staatenstaat® mitumfassenden Bundesstaatebegriff zu-
grunde legen wollte.
Die Ausführungen W. über den Staatscharakter der Länder
möchte ich, obwohl ich ihnen im Ergebnis nicht beipflichten kann, doch
deshalb als äußerst glücklich und förderlich bezeichnen, weil sie den allein
richtigen Weg, der zur Lösung führt, aufzeigen und beschreiten. So löst
sich die anscheinend so umstreitbare Doktorfrage ziemlich glatt und leicht.
Des Pudels Kern ist die Unterscheidung zwischen dem allgemeinen und
einem besonderen, positivrechtlichen Staatsbegriff, eine Unterscheidung, die
ich in der 1. Aufl. meines Kommentars bereits empfunden, aber nicht zu
Ende gedacht, dagegen auf Grund der von W. inzwischen empfangenen
Anregungen in den folgenden Auflagen meiner Stellungnahme zugrunde
gelegt und durchgeführt habe. Es gibt zwei Staatsbegriffe, einen all-
gemeinen, aus der Betrachtung der allgemein als Staaten geltenden Ge-
bilde abstrabierten Begriff und einen besonderen, der einzelnen konkreten
Rechtsordnung des Staates zu entnehmenden Begrifl.
Jedenfalls sind die Länder, wie W, unbestreitbar darlegt, Staaten
nach dem besonderen Staatsbegriff derRV. Der Ausdruck „Land®
ist freilich unklar, wird für staatliche und nichtstaatliche Gebietakörper-
schaften verwendet. Die gesetzgeberischen Arbeiten der Nat.-Vers, ergeben
aber, daß man keine Aenderung des bisherigen staatstheoretischen Charakters
der Gliedpersonen bezweckte. Auch der Text der RV. läßt dies erkennen.
Die (hiernach überflüssig scheinende) Debatte über die Einheitsstaats- oder
Bundesstaats-Eigenschaft Deutschlands erklärte sich nur daraus, daß man
hier mit einem ganz anderen, nämlich dem allgemeinen Staatabegriff
operierte, iiber dessen Wesen eine recht peinliche Unklarheit und Unsicher-
heit zutage trat.
Aber auch für Staaten nach demallgemeinen Staatsbegriff
erachtet W. die Länder. Mit Recht weist er zunächst auf ihre Verfassungs-
autonomie hin, die durch die Art. 17 und 18 der RV. nicht widerlegt, viel-
mehr vorausgesetzt werde. Starke Bedenken erwecken aber seine weiteren
Ausführungen über die Herrschaftsfülle, die den Ländern noch zustehe. Er
muß zugeben, daß sich hier das Bild der Gliedstaatspersonen am ein-
schneidendsten geändert hat und daß schon die Verluste im August 1919
(Inkrafttreten der RV.) die Länder nahe an die Grenze von Staat und Nicht-
staat gebracht haben. Doch sei diese Grenze damals noch nicht über-
schritten worden. Gewiß, darüber läßt sich streiten. Die späteren Ein-
bußen aber, führt W. weiter aus, hätten die Länder auf die Grenze von
Staat und Nichtstaat gebracht. Jedoch sei hier noch eine weitere Zu-
spitzung des allgemeinen Staatsbegriffs möglich, indem sich das ob-
jektive Recht, dessen Wille die letzte Instanz bilde, in solchen Fällen,
in denen die Homogenität der fraglichen Gebietskörperschaft mit einem
wirklichen Staate sich weder sicher bejahen noch sicher verneinen