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eigene Wege. So wird er zum Bahnbrecher durch verschlungenes Dickicht
und durch dunkles Gelände, allenthalben Erkenntnis und reiche Anregung
weckend, mit neuen Lösungsversuchen der weiteren Forschung voranleuchtend,
also ein echt deutscher Pionier der Wissenschaft. Es ist ein Buch, das eine
oberflächliche Lektüre ausschließt und ein eindringliches, mitarbeitendes
Studium erfordert, das in der äußeren Form vielleicht eine flüssigere Diktion
und wohl auch eine weniger komplizierte Denk- und Ausdrucksweise zu
wünschen übrig läßt, aber eine um so wertvollere Bereicherung und Ver-
tiefung der behandelten Probleme in sich birgt. Keine spätere Untersuchung
der Fragen nach Gesetz, Staat und Völkerrecht kann an dieser hervorragen-
den Leistung vorübergehen. Möchte uns der Verf. recht bald auch den
verheißenen zweiten Band bescheren und damit sein großes Werk zur Voll-
endung bringen.
Frankfurt am Main. Friedrich Giese.
Dr. jur. Günther Holstein: Die Lehre der öffentlich-rechtlichen Eigentums-
beschränkung. Berlin 1921, Otto Liebmann. 102 S.
Die Arbeit steht in einem gewissen Zusammenhang mit der kürzlich
in Bd. 40 dieser, Zeitschrift S. 382 ff, besprochenen Schrift von GERHARD
LABsAR über preußisches Wegerecht. Auf diese beruft sich der Verf. jetzt
schon in erster Linie, um festzustellen, „daß die Lehre vom Öffentlichen
Eigentum, von dem Boden der rechtspositiven Tatsachen aus entscheidend
widerlegt worden ist“, und fühlt sich dadurch ermuntert, auf diesem Wege
fortzufahren, um einem weiteren Stück des öffentlichen Sachenrechts das
gleiche Schicksal zu bereiten (Einl. S. 12£.). In $ 3, wo der eigentliche
Angriff beginnt, wird ihm denn auch alsbald das Vergnügen zuteil, zu
bekunden, daß ich meine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung „in
seltsam widerspruchsvoller Weise* auf nichts anderes gründe als auf
Gewohnheitsrecht: „daß es gerade O. M. ist, der in einem der
wichtigsten Kapitel seines allgemeinen Teils das Gewohnheitsrecht als
Rechtsquelle grundsätzlich ablehnt“, das ist ein „doppelt merkwürdiges
Zusammentreffen“ (% 20), bedeutet einen „doppelt auffälligen Riß in der
Einheitlichkeit des Lehrgebäudes“ (S. 21), „Widersprüche seiner Gedanken
im eigenen System“ (S. 22) usw.
In Wirklichkeit ist mir das gar nicht eingefallen. Ich habe in D.V.R. II
S. 223 gesagt: das Maß dessen, was das Grundeigentum an Einwirkungen
der öffentlichen Verwaltung zu ertragen hat, sei in erster Linie bestimmt
durch ausdrückliche Rechtssätze des Gesetzes, ergänze sich aber durch das
ungeschriebene Recht der „allgemeinen gesellschaftlichen Anschauung“
und diese „wird erkennbar aus der jeweiligen Rechtshandhabung“
Zur Erläuterung verwies ich dabei (Note 6) auf das Seitenstück in der
Wichtigkeit der „allgemeinen Anschauung® für die Abgrenzung der persön-