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lich durch verfassungsänderndes Reichsgesetz. Dieser Grundsatz
gilt auch dann, wenn die Veränderung dem Willen der beteiligten
Bevölkerung entspricht; dieser soll jaimmer „möglichst“ berück-
sichtigt werden. Ein einfaches Reichsgesetz genügt:
1. nach Abs. 2, wenn die sämtlichen beteiligten Länder zu-
stimmen;
2. nach Abs. 3, wenn die Veränderung durch den Willen der
Bevölkerung gefordert wird.
Sowohl die Erkenntnis, daß in Abs. 3 der Leitgedanke des Selbst-
bestimmungsrechts zutage tritt, als auch der eindeutige Wortsinn
ergeben klar, daß ein „fordernder Wille“ im Sinne des Abs. 3
nur aus der Bevölkerung selbst emporgetragen werden kann.
„Fordern“ ist dasselbe wie „begehren“ oder „verlangen“ und weit
mehr als „zustimmen. Wenn das Volk einem ihm verfassungs-
mäßig unterbreiteten Gesetz durch Abstimmung zustimmt, so ist
das an Sich nur ein Volksentscheid. Von Volksbegehren spricht
die Verfassung nur, wenn das Gesetz aus dem Volke heraus ver-
langt worden ist; in diesem Falle nennt sie das zunächst von
einer Minderheit gestellte Verlangen Volksbegehren und diesem
Begehren wird dann durch den Volksentscheid zugestimmt. Im
Falle des Art. 18 verkörpert sich das Volksbegehren in dem Ver-
langen der Abstimmung (Abs. 4 Satz 2); liegt dieses vor, so ist
durch Abstimmung festzustellen, ob der Wille der gesamten stimm-
berechtigten Bevölkerung dem Volksbegehren zustimmt (Abs. 4
Satz 1, vgl. Abs. 6, in dem Zustimmung zu dem Volksbegehren,
nicht etwa zu einem Projekt der Reichsregierung gemeint ist);
ist dies der Fall, so ist damit das Volksbegehren der Minderheit
zur Forderung der Mehrheit erhoben. Nur die Zustimmung zu
einem Volksbegehren, nicht jede Zustimmung, offenbart einen
fordernden Willen und schafft die Vorbedingung für ein einfaches
Reichsgesetz. Die Richtigkeit dieses Satzes wird durch die weitere
Erwägung veranschaulicht, daß die gegenteilige Auffassung die oben
kurz wiedergegebenen grundlegenden Sätze des Art. 18 über das