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Land gehören sollen, und stempelt damit diese in ihrer Ge-
samtheit zum „abzutrennenden Gebiet“ im Sinn des Abs. 4.
2. Das Verfahren ergreift das gesamte Gebiet, dessen staat-
liehe Zugehörigkeit verändert werden soll. Die Reichsverwal-
tung kennt nur ein „abzutrennendes Gebiet“. Kommt es zur
Volksinitiative, so muß die Gesamtbewohnerschaft dieses Gebiets
gehört werden; nicht denkbar ist ein Verfahren, das sich auf
einen Teil dieses Gebiets beschränkt.
Nach dem Gesagten wäre es insbesondere irrig, die Frage
der Abgrenzung des Gebiets, in dem das Verfahren stattfindet, zu
der anderen in Beziehung zu setzen, welche Länder beteiligt sind
und inwieweit sie zugestimmt haben, etwa mit folgender Deduktion:
die Volksabstimmung kommt nur in Betracht, soweit die Länder
nicht zugestimmt haben, soll also nur diese Zustimmung ersetzen;
daher kann abgestimmt werden in jedem Lande, das nicht einver-
standen ist, dagegen nicht in einem Lande, das zugestimmt hat.
Die Volksinitiative berührt sich mit der Zustimmung der Länder
nur in dem einen Punkt, daß sie gegenstandslos ist, wenn sämt-
liche beteiligten Länder über die territoriale Veränderung in be-
Jahendem Sinne einig sind. Im übrigen aber sind beide ganz ver-
schiedene Dinge; weder deckt sich das für das Verfahren der
Volksinitiative in Betracht kommende Gebiet mit dem Gebiet der
beteiligten Länder, noch ist die Abstimmung als Ersatz für die
Zustimmung einzelner dissentierender Länder gedacht. Es ist viel-
leicht nicht überflüssig, die der Reichsverfassung entsprechende
Rechtslage durch die nachstehende Aufzählung der denkbaren Fälle
näher zu veranschaulichen, deren Anspruch auf Vollständigkeit
allerdings zweifelhaft bleibt:
A. Der Landesteil X will sich von dem Lande A abtrennen und
1. ein selbständiges Land werden. Hier ist beteiligtes Land
allein A, „abzutrennendes Gebiet“ X. Stimmt A zu, so ist für
eine Abstimmung kein Raum. Stimmt es nicht zu, so kann
nur in X abgestimmt werden, nicht im Restlande A (vorbehalt-
lich von Abs. 5 Satz 2 und 3);