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„Soweit die Städte aut Grund gesetzlicher Ermächtigung privat-
wirtschaftliche, gewerbsmäßige Unternehmungen in die Gemeinwirt-
schaft überführen (Kommunalisierung) und zum Zwecke des aus-
schließlichen Betriebes eines Wirtschaftszweiges durch die Stadt die
Errichtung oder Fortführung gleichartiger privatwirtschaftlicher Unter-
nehmungen untersagen (ausschließliche Gewerbeberechtigungen), sind
sie verpflichtet, den Betrieb so zu führen, daß das öffentliche Be-
dürfnis befriedigt wird.“
Neu ist hierin die Möglichkeit der Sozialisierung durch die Ge-
meinde und die Begründung ausschließlicher Gewerbeberechtigungen.
Freilich ist beides von „gesetzlicher Ermächtigung“ abhängig, und von
maßgebender Stelle hat man aus diesem Grunde die Tragweite der
geplanten Vorschrift abzuschwächen versucht. Indessen heißt es hier
„principiis obsta“. Stände nicht der Gedanke der Sozialisierung da-
hinter, so hätte es keinen Zweck, ihm hier ein offenes Tor zu errichten.
Nun liegen aber heute im Staate die Dinge so, daß auf der einen Seite
eine weitgehende Sozialisierung programmatisch festgelegt ist und von
seiten bestimmter Kreise zur Erfüllung dieses Programmpunktes ge-
drängt wird, auf der andern Seite aber die praktische Ausführung der
Sozialisierung ein Fiasko erleidet, das wohl nur noch durch die Um-
setzung marxistischer Ideen in die Praxis im heutigen Rußland über-
troffen wird. Es genügt der Hinweis, daß über das Scheitern neuer
Sozialisierungspläne hinaus die Ueberführung der staatlichen Eisenbahn
in den Privatbetrieb lebhaft erwogen worden ist und die Ueberführung
der preußischen Staatsbergwerke in eine Aktiengesellschaft offenbar
bevorsteht. So wäre in der Tat die Uebertragung der Sozialisierung
auf die Gemeinden ein außerordentlich gangbarer Ausweg aus diesem
Dilemma.
Nun haben aber die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Auf-
nahme gekommenen kommunalsozialistischen Gemeindebetriebe, deren
eifriger Vorkämpfer kein geringerer als Adolf Wagner schon in seinen
Jugendjahren war, ım Laufe der Zeit sich als kostspieliger arbeitend
erwiesen als die privaten Betriebe. So hat sich ganz von selbst die
Beteiligung der Gemeinden in Form von „gemischtwirtschaftlichen Be-
trieben“ entwickelt, die heute wohl als das Gegebene angesehen werden
kann. Berücksichtigt man nun, daß schon in Zeiten wirtschaftlicher
Blüte die kommunalsozialistischen Gemeindebetriebe als zu kostspielig
durch jene andere Form verdrängt sind, so kann man sich ein Bild
davon machen, wie sich die Dinge in den heutigen Zeiten wirtschaft-