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1. Für die Regelung durch einseitigen, inneren.
Staatsakt besteht ın einem Bundesstaate die Frage, ob in
Rücksicht auf die Möglichkeit einer Wirkung auf die äußeren
Verhältnisse dem Gesamtstaate die Befugnis erwächst, seine
Kompetenzen — ohne Verfassungsänderung — über die Grenzen
auszudehnen, die er ohne solche Rücksicht einzuhalten hätte.
Für den deutschen Staat in seiner gegenwärtigen Form könnte
der unitarische Grundzug seiner Verfassung, der für die Pflege
der Beziehungen zu den auswärtigen Staaten in der allgemeinen
Bestimmung des Artikels 78 Abs. 1:
Die Pflege der Beziehungen zu den auswärtigen Staaten ist aus-
schließlich Sache des Reichs,
zum Ausdrucke kommt, eine solche Vermutung nahelegen. Doch dürfte
die Frage zu verneinen sein. Denn einerseits hat, um die gegenteilige
Ansicht zwingend zu machen, der föderative Charakter des Reiches
sich noch nicht so sehr verflüchtigt, daß aus der allgemeinen Norm
des Artikels 78 Abs. 1 der bezeichnete Schluß gezogen werden
müßte. Dazu bedürfte es einer ausdrücklichen Norm. Diese ist
jedoch nicht vorhanden. Andererseits hat Artikel 78 Abs. 1 nicht
bloße Reflexe oder Nebenwirkungen jener einseitigen Staatsakte
auf die äußeren Verhältnisse im Auge, wenn er die „Pflege“ der
Beziehungen zu den auswärtigen Staaten ausschließlich dem Reiche
zuweist. „Pflege der Beziehungen zu den auswärtigen Staaten“
ist es nicht, wenn ein einseitiger innerer Staatsakt außer auf die
inneren Interessen nebenher auf die auswärtigen Interessen be-
messen wird. Vielmehr wird im Sinne des Artikels 78 Abs. 1
von einer Pflege der Beziehungen zu den auswärtigen Staaten nur
gesprochen werden können, wenn eine direkte Einwirkung der
deutschen Staatsgewalt auf diejenige anderer Staaten erfolgt.
Hinsichtlich der Zuständigkeit zu einseitigen inneren Staatsakten
mit möglicher Wirkung auf die auswärtigen Angelegenheiten bleibt
darum die allgemeine innere Kompetenzabgrenzung zwischen Reich
und Ländern bestehen, die in der Herrschaft des Enumerations-