Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 44 (44)

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richtig aber nicht ganz vollständig war, daß sie in der Ueberein- 
stimmungsfrage eine Lücke bestehen ließ, von der man sich damals 
wohl dachte, sie werde am zweckmäßigsten durch die Praxis ausge- 
füllt werden. Vom Geber der Verordnung von 1919 lag mehr an 
dem durchaus unantastbaren staatlichen Aufsichtsrecht als an der 
Sicherung des Uebereinstimmungsgrundsatzes. Er wollte vor allem 
keinerlei subjektiv-öffentlichen Rechte der Religionsgesellschaften in 
bezug auf die Schulaufsicht aufkommen lassen, auch nicht in Sachen des 
Religionsunterrichtes. Daher schon die Wahl der Anordnungsform, 
nicht Gesetz sondern Verordnung, daher auch die vorsichtige Formu- 
lierung des Beanstandungsrechtes: „es bleibt unbenommen“ und daher 
auch das Schweigen über die Mittel der Kenntnisnahme in der 
Uebereinstimmungsfrage sowie über das Recht der Bestimmung des 
Inhaltes und der Methode des Religionsunterrichtes. 
Staatsaufsicht, Kirche und Lehrpersonal befanden sich nach dieser 
Ordnung in einer Art zuwartender Haltung mit geladenen aber ge- 
sicherten Gewehren. Man wartete auf eine Auslegung durch die 
Praxis, bis der Gesetzgeber sich entschloß, der unsicher tastenden 
Auslegungspraxis voranzuhelfen. Ein Vergleich zwischen dem $ 28 
des Gesetzes v. 1922 mit dem $ 33 der VO. v. 1919 läßt keinen 
Zweifel darüber aufkommen, daß der zu Hilfe gerufene Gesetzgeber 
den Auslegungsmut des Verordnungsorganes erheblich gesteift hat. 
Manches ist dem Sinne nach, einiges sogar wörtlich aus der Verord- 
nung in das Gesetz übernommen worden. Einige Bestimmungen sind 
neu und bezwecken die Durchführung des Uebereinstimmungsgrund- 
satzes durch entsprechende Befugnisse der Religionsgesellschaften und 
ibrer Vertreter und zuständigen Stellen. 
Um diese neuen Befugnisse handelt es sich hier vor allem, wenn 
festgestellt werden soll, ob das bayerische Gesetz dem Grundsatz des 
Art. 149 der RV. entspricht oder nicht. Sie sollen deshalb im folgen- 
den besonders gewürdigt werden. 
1. DieBegrenzung der staatlichen Aufsicht. Hier 
fällt zunächst eine Verschiedenheit der Formulierung auf. $ 33 Abs. I 
Satz 1 der VO. v. 1919 sagte: „Die staatliche Schulaufsicht erstreckt 
sich auch auf die Erteilung des Religionsunterrichtes, insoweit 
die Ueberwachung der Einhaltung der äußeren Schulordnung, der 
Schulzucht und des Schulbesuchs in Frage kommt.“ 
Wie oben gezeigt wurde, konnte: diese Fassung auf den ersten 
Blick die Meinung erwecken, der Staat habe sich, durch die mit
	        
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