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eigenmächtig Lehren und Methoden in seine Schule tragen, die gar
nicht den Anordnungen der zuständigen Stellen entsprechen und daß
es sich wirklich um nichts anderes als um religiöse Lehre, also nicht
um andere Unterrichtsgegenstände, Politik und dgl. handle. Würde
statt des zuständigen Ordinariats ein Stadtpfarrer neue Lehren an-
ordnen oder würde unter dem Titel der religiösen Lehre Sternkunde
oder Staatsbürgerkunde zum Inhalt des Religionsunterrichtes erklärt,
so hätte der Staat kraft seiner Dienstaufsicht das Verbietungsrecht,
denn die Reichsverfassung hat den Religionsunterricht und nicht
irgend etwas als ordentliches Lehrfach erklärt. Es ist also auch
dieses kirchliche Bestimmungsrecht kein unbegrenztes, der staatlichen
Aufsicht völlig entzogenes.
Hat nun aber die Kirche selbst ihre Lehre zu bestimmen und
bestimmt und hat sie die Methode für den Religionsunterricht in
der Schule festgesetzt, so muß sie auch das Recht haben, zu prüfen,
ob der Unterricht demgemäß wirklich stattfindet. Dem Wesen der
Schule entspricht es, daß wie der Unterricht selbst eine persönliche
Leistung ist, so auch diese Prüfung anders als durch persönlichen
Augenschein nicht möglich ist. Deshalb ordnet $ 28 in Abs. I Satz 3
— und das ist das wesentlich und einzig neue — die Zulässigkeit
des Schulbesuchs an: „Die Religionsgesellschaften können
durch Beauftragten den Religionsunterricht ihres Be-
kenntnisses an den Volksschulen besuchen lassen und
sich durch diese vom Stande der Kenntnisse in der Reli-
gionslehre und der religiös-sittlichen Erziehung der
bekenntniszugehörigen Schulkinder überzeugen. Daß
dieses Prüfungs- und Besuchsrecht sich ausschließlich auf den Religions-
unterricht erstreckt, geht aus dem ganzen Zusammenhang und der aus-
drücklichen Einschränkung klar genug hervor. Auch ist kein Zweifel
gelassen, daß es sich nicht um ein Aufsichts- sondern nur um ein
Prüfungs- und Informationsrecht handelt. Der Abgeordnete der Reli-
gionsgesellschaft tritt dem Lehrer nicht als vorgesetztes disziplinäres
Aufsichtsorgan gegenüber. Würde er sich so gebärden, so wäre das
eine Verfehlung, die staatsaufsichtlich zu würdigen und zu verbieten
wäre. Andererseits ist der Lehrer verpflichtet, dem Besuch die Ge-
legenheit der Information zu bieten, auch die nötige Auskunft zu
geben. Will er das nicht tun, so kann er sich dem nur dadurch ent-
ziehen, daß er von seinem in Art. 149 Abs. Il begründeten Recht,
den Religionsunterricht abzugeben, Gebrauch macht.