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Durchführung an den öffentlichen Volksschulen zu sichern, so wie es
durch Art. 149 der RV. geboten ist.
Eine Verletzung der Vorschriften der Art. 144 und 149 der Reichs-
verfassung ist durch $& 28 des Bayerischen Gesetzes vom 1. August
1922 nicht gegeben. Etwa zu erlassende Vollzugsvorschriften sind
wie das Bayerische Gesetz an den Rahmen des Reichsrechtes gebunden.
In Beziehung auf die zu erlassenden Vollzugsvorschriften liegt ein
Landtagsbeschluß vor (Beilage Nr. 2839), der lautet:
„Die Staatsregierung wolle in die Vollzugsvorschriften auch nach-
stehende Bestimmungen aufnehmen:
b) die kirchliche Oberbehörde kann im Benehmen mit der Kreis-
regierung Schulaufsichtsbeamte mit der Wahrnehmung der Beauf-
sichtigung des Religionsunterrichtes betrauen.“
Dieser Beschluß verstößt nicht nur gegen die Reichsverfassung,
sondern auch gegen die bayerische Verfassung und ist unvereinbar
mit $ 28 des Gesetzes vom 1. August 1922.
Nach Art. 144 und 149 der RV. ist die Beaufsichtigung des Reli-
gionsunterrichtes staatliche Angelegenheit. Niemals kann also eine
Betrauung staatlicher Schulaufsichtsbeamter mit diesem Geschäfte
durch die kirchliche Oberbehörde geschehen, auch nicht im Benehmen
mit der Kreisregierung. Was die kirchliche Oberbehörde übertragen
kann, sind nur Rechte, die sie selbst hat. Zulässig wäre also nur,
daß die oben analysierten Befugnisse der Religionsgesellschaften, die
ihnen durch $ 28 I. c. zur Herstellung der Uebereinstimmung zwischen
Erteilung des Religionsunterrichtes mit den Grundsätzen der betreffen-
den Religionsgesellschaft auf das staatliche Schulaufsichtsorgan über-
tragen werde. Soll das, wie fast zu vermuten ist, der Sinn des Land-
tagsbeschlusses sein, so liegt ein Mißgriff im Ausdruck vor, denn die
Ausübung jener Befugnisse ist nicht „Beaufsichtigung“.
Sodann aber hat der Landtag nach der Bayerischen Verfassung
nicht das Recht, der Staatsregierung über die von ihr zu erlassenden
Vollzugsvorschriften bindende Anordnungen zu erteilen. Die Staats-
regierung kann solche Beschlüsse als Material entgegennehmen. Eine
Beschränkung ikrer Anordnungsgewalt bewirken sie nicht.