rates aus seiner allgemeinen verfassungsrechtlichen Stellung als
föderatives Organ ist tatsächlich bedeutender, als es nach dem
Verfassungstexte den Anschein hat; zumal die Reichsregierung
ist — mehr als der Reichstag — grundsätzlich geneigt, auf seine
Stimme zu hören. um die Länder nicht zu majorisieren, ent-
sprechend dem Geiste, der im Reiche Bismarcks geherrscht hat ®.
Der Reichstag hingegen vertritt mehr den zentralistischen Ge-
danken. Ihn schreckt gegebenenfalls auch die Vorschrift des
Artikels 74 Abs. 3 nicht, wonach eine Zweidrittelmehrheit er-
forderlich ist, wenn er in der Gesetzgebung seinen Willen gegen
den des Reichsrates durchsetzen will.
Den Reichswirtschaftsrat als Teil des auswärtigen
Apparates anzusprechen, wird der Wortlaut der ihn betreffenden
Verfassungsbestimmungen nicht nahelegen. Von Kompetenzen in
auswärtig - politischen Angelegenheiten ist nirgends die Rede.
Wesentlich nur auf dem Gebiete der inneren Gesetzgebung, und
zwar in sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Angelegen-
heiten, soll der Reichswirtschaftsrat beteiligt werden, und auch
insofern nur gutachtlich bzw. durch Einbringung von Gesetzent-
würfen. Doch erwachsen ihm gerade hierdurch Kompetenzen,
die eine Beeinflussung der auswärtigen Politik ermöglichen und
die es rechtfertigen, ihn dem auswärtigen Apparate i. w. 8. zuzu-
rechnen. Die bezügliche Verfassungsbestimmung im Artikel 165
Abs. 4 lautet:
Sozialpolitische und wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe von grund-
legender Bedeutung sollen von der Reichsregierung vor ihrer Einbringung
(im Reichstage) dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt
werden. Der Reichswirtschaftsrat hat das Recht, selbst solche Gesetzes-
vorlagen zu beantragen. Stimmt ihnen die Reichsregierung nicht zu, so
hat sie trotzdem die Vorlage unter Darlegung ihres Standpunkts beim
Reichstag einzubringen. Der Reichswirtschaftsrat kann die Vorlage
durch eines seiner Mitglieder vor dem Reichstage vertreten assen.
® Vgl. Erich KAUFMANN, Bismarcks Erbe in der Reichsverfassung.
Berlin 1917.