Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 44 (44)

durch eine Mehrheit verfassungsmäßig ° geordneter Organe 
versieht“, in „festen Rechtsschranken zwischen sich und seinen 
Angehörigen... ... Einheit und verfassungsmäßige Gliederung, 
gesetzliche Selbstbeschränkung des Staates gegenüber dem einzelnen 
sind die wesentlichen Merkmale dessen, was wir als modernen 
Staat bezeichnen ... .. .“'%, Jener Dualismus sei heute zwar über- 
wunden. habe aber bleibende, unverwischbare Spuren im Bau der 
heutigen Staaten zurückgelassen. Vor allem zeige dies sich in der 
Stellung des Individuums zum Staate, gipfelnd in der Ueberzeugung, 
daß „das Individuum auch dem Staate gegenüber eine selbst- 
berechtigte und daher von ihm anzuerkennende sittliche und recht- 
liche Größe sei* ”!. Die „Doppelung des unmittelbaren Organs“, 
heißt es insbesondere vom konstitutionellen Staate, — es darf, 
gewiß in JELLINEKs Sinne hinzugesetzt werden: die Doppelung 
der gesamten Anschauungen über den Staat als eine sowohl abso- 
lute als auch relative Größe „macht den modernen Staat für die 
juristische Theorie so schwer begreifbar .. .“ Alles dies und 
eben dies besagt auch die These von der Zwieschlächtigkeit des 
Staates als zugleich relativer und absoluter Person. Was sie 
Neues tut und bringt, ist zunächst dies: Sie geht konsequent von 
der richtigen Anschauung aus, daß der Staat in den Gedanken 
der Menschen sein Dasein führe und durch sie bestehe, und lest 
den Nachdruck demgemäß mehr auf die Qualität des Denkens über 
den Staat als den Staat bestimmend, als daß sie den Staat — mehr 
losgelöst von seiner Bewußtseinsgrundlage — beschriebe, wie ein 
Ding. Sodann erkennt sie unzweideutig mit allen Folgerungen 
für die Natur des Staates, seines Verhältnisses zur Gesellschaft, 
zum Rechte und zu anderen Staaten und Personen, daß das moderne 
Bewußtsein nicht einheitlich, sondern von tiefen Gegensätzen durch- 
zogen ist, daß der Staat für das Bewußtsein eine zwieschlächtige 
— 
  
69 Von uns unterstrichen. 
”° Staatslehre S. 325, 326. 
”ı Daselbst S. 327.
	        
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