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als normative Idee wirkt. Die Fähigkeit, zur auswärtigen Welt
in Beziehung zu treten und gemäß dem auswärtigen Interesse die
Rechtsordnung zu bestimmen, dürfte als der Gesamtbegriff ver-
wertbar sein, der gesucht wird. In Anlehnung an die Bezeich-
nungen „Gesetzgebende Gewalt“ und „Ausführende Gewalt* er-
scheint dafür der Name „Auswärtige Gewalt“ angemessen.
Die Auswärtige Gewalt eines Staates ist sonach
diejenigeGewalt, welche die durchseineäußeren
Verhältnisse gegebenenFunktionen wahrnimmt.
Sie ist Staatsgewalt, ihr Recht Staatsrecht, ihre Organisation
Staatsorganisation, ihre Funktion Staatsfunktion, ihr Zweck Staats-
zweck. In einem weiteren Sinne können darunter die der aus-
wärtigen Gewalt ı. e. S. dienenden Organe oder, wenn der Staat
einem künstlichen Apparate verglichen wird, der der auswärtigen
Gewalt i. e. S. dienende „auswärtige Apparat“ mitverstanden
werden. Wird in Anwendung dieser Idee die auswärtige Gewalt
eines bestimmten Staates dargestellt, so wird die Methode phäno-
menologisch, die’Darstellung selbst ein Beitrag zur Phänomeno-
logie der auswärtigen Gewalt und weiter des Staates sein.
Der Name „Auswärtige Gewalt“ ist in Deutschland, wenn
auch sehr wenig gebräuchlich, nicht unbekannt. Ihn verwenden
HÄNEL und ERICH KAUFMANN, dieser in seinem Buche „Aus-
wärtige Gewalt und Kolonialgewalt in den Vereinigten Staaten
von Amerika“ (1908), jener als Ueberschrift des Kapitels über
das Staatsrecht der auswärtigen Angelegenheiten in seinem „Deut-
schen Staatsrecht“ (1890). Beide haben das Phänomen als eigenes
erkannt. Noch ein drittes Werk kennt es in seiner Eigenart,
TRIEPELs „Völkerrecht und Landesrecht“. Ihrem besonderen
Gegenstande gemäß rücken TRIEPEL und KAUFMANN es nicht in
den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen. HÄNEL tut es in dem
besonderen Kapitel zwar, entwickelt jedoch nur den rechtlichen
Reflex, ohne das Gesamtphänomen begrifflich zu fassen, wie denn
das Wort „Auswärtige Gewalt“ außer in der Ueberschrift des