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Systems in Sachsen herauszubilden droht. Um vom Standpunkt des
Verfassungsrechts hierzu Stellung nehmen zu können, ist es zunächst
notwendig, einen kurzen Ueberblick über die Entwicklung der politischen
Lage in Sachsen zu geben.
In der etwa gleichzeitig mit der deutschen Nationalversammlung
gewählten Volkskammer, der die Bedeutung einer konstituierenden
Nationalversammlung für den Freistaat Sachsen zukam, verfügten die
Parteien der Mitte, die Mehrheitssozialdemokratie und die deutsche
demokratische Partei, — das Zentrum kommt hier nicht in Betracht, —
über eine starke Mehrheit. Sobald die Wogen der Revolution abzu-
ebben begannen, kam es daher anch in Sachsen im Oktober 1919 zu
einer Koalition dieser Parteien und zu einer Aufnahme demokratischer
Minister in die bis dahin zunächst sozialistische Regierung, von der
darauf der soziale und wirtschaftliche Wiederaufbau des Staatslebens,
wie auch später ihre politischen Gegner anerkannt haben, unter Inne-
haltung einer gemäßigten mittleren Linie tatkräftig gefördert worden
ist. Eine kritische Wendung brachte das Ergebnis der Neuwahlen vom
14. November 1920, die notwendig geworden waren, nachdem die Volks-
kammer nach Erledigung ihrer Aufgabe, insbesondere nach der Verab-
schiedung einer endgültigen Verfassung, ihr vorbestimmtes Ende gefunden
hatte. Die bisherigen Regierungsparteien gingen aus diesen Wahlen stark
geschwächt hervor, während die Flügelparteien zur Rechten und zur
Linken erhebliche Kräftigung erfuhren, so daß die Koalition der Mitte
über eine Mehrheit im Parlamente nicht mehr verfügte. Es mußte
daher, um eine Regierung bilden zu können, eine Erweiterung dieser
Koalition, oder wenn dies nicht möglich sein sollte, eine völlige poli-
tische Neuorientierung eintreten. Das Letztere geschah, nachdem nach
heftigen Kämpfen innerhalb der mehrheitssozialdemokratischen Partei
ihr linker Flügel, der von der sogenannten Chemnitzer Richtung geführt
war, die Oberhand gewonnen hatte. Nach einer Verständigung mit der
unabhängigen sozialdemokratischen Partei schritt man zur Bildung
einer rein sozialistischen Regierung. Da die beiden sozialistischen
Parteien aber zusammen nur über vierzig Mandate von sechsundneunzig
des Landtags verfügten, also lediglich eine Minderheitsregierung dar-
stellten, mußten sie sich nach weiteren Hilfstruppen umsehen, die sie
auf dem äußersten linken Flügel in der kommunistischen Partei suchten
und fanden. So wurde der Ministerpräsident Buck von den drei Par-
teien der Linken mit 48 Stimmen gegen 47 bürgerliche Stimmen gewählt,
der ein sozialistisches Kabinett bildete, in dem der Unabhängige Lipinski