Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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eine starke Hervorkehrung sozialistischer Ziele und klang nicht uner- 
heblich radikaler als die Erklärungen, die nahezu zwei Jahre zuvor 
kurz nach der Revolution der Ministerpräsident Dr. Gradnauer als 
Haupt einer mehrheitssozialistischen Regierung in der Volkskammer 
abgegeben hatte. 
Auf der so geschaffenen Grundlage vermochte sich die Regierung 
längere Zeit zu halten, da die kommunistische Partei wider Erwarten 
lange und fest zur Stange hielt, wenn es auch an starken Reibungen 
und heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition sowohl in 
der Presse wie vor allem auch im Landtage selbst in dieser ganzen 
Zeit nicht gefehlt hat. Der Regierung blieben Schwierigkeiten nicht 
erspart, da die knappe Mehrheit von zwei Stimmen, über die sie ein- 
schließlich der Kommunisten verfügte, sie nicht selten Zufallsabstim- 
mungen aussetzte, und wichtige Vorlagen im Parlamente zu Fall kamen, 
wenn in der schlechten Jahreszeit die Grippe einmal etwas stärker auf 
der linken als auf der rechten Seite eingefallen war. Erst im Mai 1922 
begann die Lage sich zuzuspitzen. Die Kommunisten hatten gegen 
das Gesetz über die Neuordnung des Polizeiwesens gestimmt, und da 
auch die bürgerlichen Parteien es abgelehnt hatten, war diese überaus 
wichtige Vorlage in der zweiten Lesung zunächst zu Fall gekommen. 
Unmittelbar darauf stimmte die kommunistische Partei bei der Beratung 
des Staatshaushaltplans gegen den gesamten Justizetat, und da auch 
die bürgerliche Opposition sich nicht anders verhielt, war dieser wich- 
tige Teil des Staatshaushalts in zweiter Lesung abgelehnt. Die Kom- 
munisten erklärten zwar hierauf, daß sie das Gehalt des Justizministers 
bewilligen wollten, hielten aber im übrigen an der Ablehnung des 
Justizetats mit der Begründung fest, daß die sächsische Justiz als 
Klassenjustiz von ihnen gemißbilligt würde. In dieser Situation stellten 
die beiden Rechtsparteien einen Antrag auf Auflösung des Landtags, 
während die deutsche demokratische Partei in einer Anfrage zunächst 
nur eine Umbildung der Regierung forderte, da der alten Regierung 
von der Mehrheit des Landtages durch die Ablehnung eines lebensnot- 
wendigen Etatteiles ein Mißtrauensvotum erteilt worden sei. Der 
Ministerpräsident lehnte es in der Sitzung vom 11. Mai ab, die von 
der demokratischen Fraktion geforderten Konsequenzen zu ziehen, da 
die Regierung in der Ablehnung einiger Etatkapitel in der zweiten 
Lesung keine für sie maßgebliche Entschließung des Landtages erblicken 
könne. Erst die Abstimmung über das Finanzgesetz, durch das gemäß 
Artikel 42 Abs. 2 der sächsischen Verfassung der Haushaltplan festzustel-
	        
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