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Das zweite Buch (S. 144 ff.) schildert die Verwirklichung der beruf-
ständischen Idee im heutigen deutschen Verfassungsrecht. In 4 Abschnitten
werden behandelt: die Entstehung des Reichswirtschaftsrats, der vorläufige
Reichswirtschaftsrat, der Unterbau der deutschen Wirtschaftsverfassung,
der kommende Reichswirtschaftsrat.
Der Schlußabschnitt über die staatsrechtliche Bedeutung des Problems
der Berufstände sucht die Ergebnisse der Arbeit systematisch zusammen-
zufassen. Dabei behält der Verf. seine kritische Einstellung zur formalen
Demokratie bei und zitiert zustimmend die Aeußerung von Simons, der
die Einführung des Parlamentarismus in Deutschland zu einem Zeitpunkt,
in dem er schon alle Zeichen des Verfalls an sich trug, einen welthistori-
schen Fehler nennt (S. 240). Aber der Verf. verhehlt sich mit Recht nicht,
daß trotz aller Schwächen die Demokratie heute die schicksalsmäßige
Staatsform ist, daß vor alleın eine Abschaffung des allgemeinen gleichen
Wahlrechts zur Zeit nicht in Frage kommen kann. Und so spitzt sich das
Problem auf die Frage zu, ob sich in diesen Rahmen berufständische
Elemente einfügen lassen und in welcher Weise das geschehen kann.
Dabei würdigt er kritisch die Einwände, die gegen die Errichtung eines
berufständischen Parlaments erhoben werden, so die Behauptung, daß es
nur Sonderinteressen vertrete, daß es unmöglich sei, das Stimmenverhält-
nis der Berufstände in befriedigender Weise zu bestimmen, und daß auch
im berufständischen Parlament bei konkreten Fragen wenige Sachkenner
vielen Sachunkundigen gegenüberstehen. Der letztere Einwand, den Verf.
(S. 243) damit widerlegen zu können glaubt, daß er durch die be-
sondere Verhandlungsart einer solchen Vertretungskörperschaft überwunden
werde könne, nämlich im Wege der Ausschußbildung für Einzelfragen
und im Wege des Ausgleichs, erscheint mir der wichtigste zu sein. Diese
Verhandlungsart ist ja auch im politischen Parlament heute ein wichtiger
Faktor, ohne daß es bisher gelungen wäre, damit alle Schwächen des
parlamentarischen Regimes zu überwinden2. Auch der Reichswirtschafts-
rat scheint ja in seinen Verhandlungen von diesen Schwächen keineswegs
frei zu sein. Aber auch mir scheint mit dem Verf. in der Wiederein-
führung des Zweikammersystems eine Lösung des Problems zu liegen,
durch das sich eine berufständische Elemente enthaltende Vertretung in
das bisherige System einfügen ließe. Daß die im Rausche der Revolution
überall erfolgte Abschaffung des Zweikammersystems in den deutschen
Ländern mit dem Prinzip der Demokratie an sich nichts zu tun hat, zeigt ja
das Beispiel fast aller übrigen modernen Demokratien, die samt und sonders
das Zweikammersystem haben und an seine Abschaffung nicht denken.
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* Vgl. meinen Aufsatz „Parlamentsreform® im Bd. 40, S. 16 ff. des
Archivs.