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Staatswesens, insbesondere über das Verhältnis von Staat und Wirtschaft
vor uns auf. Zur Einführung in diese Probleme können seine von sitt-
lichem Pathos durchwehten Ausführungen warm empfohlen werden.
Dem Staatsrechtler gibt es aus dem Grunde verhältnismäßig
wenig, weil SPAnn über den rechtlichen und politischen Ausbau seines
Ständestaats wenig bringt. „Wie sich im besonderen das Verhältnis der
einzelnen Stände zum Staat gestalten und entwickeln möge, braucht nicht
die Sorge von heute zu sein“ (S. 273). Aber in dieser Ausführung im ein-
zelnen, in wirklich praktisch politischen Formulierungen über das Verhält-
nis der Stände zum Staat läge erst der Nachweis, wie sich der Ständestaat
im praktischen Staatsleben wirklich ausgestalten könnte. Der kritischen
Beurteilung der Schäden der formalen Demokratie durch den Verf. wird
man weitgehend zustimmen können. Aber den Nachweis, wie sich diese
Schäden vermeiden lassen, und ob sie sich im heutigen modernen Staate
überhaupt ganz vermeiden lassen, erbringt der Verf. m. E. nicht. Die
schwierige Frage des Verhältnisses von politischem Parlament und wirt-
schaftlichen Organisationen wird von ihm kaum gestreift. Das Problem der
Ausgestaltung der Zentralstaatsgewalt, die große Gefahr des Uebergreifens
ständischer Organisationen in die Regierung (Nebenregierungen) existiert
für ihn nicht. Er glaubt eben an den Ständestaat, er glaubt, daß mit weit-
gehender Dezentralisierung sich alle Fragen lösen werden. Gewiß der
Glaube tut uns not und in dem starken Glauben an die Zukunft unseres
Volkes liegt der Hauptwert des Buches. Aber man wird gut tun, sich
diesen Grundcharakter des Buches vor Augen zu halten, um nicht das Be-
wußtsein für die Schwierigkeiten zu verlieren, die auch auf diesem Wege
noch zu überwinden sind.
3. Auf S. 285 seines Buches weist SPAnN darauf hin, daß der englische
Gildensozialismus eine äußerliche Verwandtschaft mit seinen Gedanken-
gängen aufweise. Er lehnt ihn aber ab, da er nur „auf eine kommunistische
Planwirtschaft mit verhältnismäßiger Selbständigkeit der einzelnen Berufs-
zweige“ hinauslaufe.
Eine Nachprüfung dieser Behauptung und eine eigene Stellungnahme
zu dem Charakter dieser Bewegung ermöglicht uns die Sammlung von
Schriften der englischen Gildenbewegung, die der Verlag J. C. B. Mohr in
der guten Ulebersetzung von OTro Eccıus darbietet und von der bisher
3 Hefte erschienen sind. Von ihnen interessieren den Staatsrechtler be-
sonders das 1. Heft, der Gildenstaat, seine Leitgedanken und Möglichkeiten
und das 3. Heft, Gildenpolitik, ein praktisches Programm für die Arbeiter-
partei und die Genossenschaften, beide von TAYLoR. TAyYLoR beurteilt
alles vom englischen Standpunkte aus, seine Kenntnis der nichtangelsäch-
sischen Länder, vor allem Deutschlands, ist nicht groß, sein Urteil infolge
dessen oft nicht zutreffend. Aber sehr vieles in seinen Betrachtungen ist