Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

— 131 — 
Man folgt den teilweise sehr witzigen und geistsprühenden Ausfüh- 
rungen des Verf. mit viel Vergnügen, wird aber der Uebersetzung seiner 
Ideen in die Praxis doch mit einem gewissen Skeptizismus entgegen- 
sehen müssen. Koellreutter. 
Alfred Schultze, Die Rechtslage derevangelischen Stifter 
Meißen und Wurzen. Zugleich ein Beitrag zur Reformations- 
geschichte (Leipziger rechtswissenschaftliche Studien, herausgegeben 
von der Leipziger Juristenfakultät, Heft 1). Leipzig, Theodor Wei- 
cher 1922, VII, 99 8. 
In dieser Schrift veröffentlicht der Verfasser das Rechtsgutachten, das 
er der Leipziger Juristenfakultät über die Rechtslage der evangelischen 
Stifter Meißen und Wurzen erstattet hat. Jeden Hinweis auf die von den 
beteiligten Stellen für und wider gegebenen Ausführungen und Mitteilungen 
hat er dabeı unterdrückt, dafür aber manchen Punkt gegenüber dem Gut- 
achten erweitert und vertieft, auch die wichtigsten der verwerteten, bisher 
nicht veröffentlichten Urkunden in einem Anhang hinzugefügt. Im ersten 
Teil der Abhandlung werden „die geschichtlichen Vorgänge“ seit der vor- 
reformatorischen Zeit über die Reformation, den westfälischen Frieden, den 
Bekenntniswechsel des Kurhauses, den Reichsdeputationshauptschluß, die 
Verfassung von 1831, die späteren Landtagsverhandlungen bis zur Gegen- 
wart verfolgt, im zweiten wird „die Beurteilung der Rechtslage“ gegeben, 
Wir haben in der Schrift ein Musterbeispiel einer auf genauester Sach- 
kenntnis und sicherem Urteil beruhenden Darlegung einer verwickelten, tief 
in der Vergangenheit verwurzelten Rechtsfrage vor uns. Die in strenger 
Schlußfolgerung gewonnenen, in durchsichtiger Klarheit entwickelten Ergeb- 
nisse erscheinen unanfechtbar. Die beiden Kapitel, Beispiele der aus der 
Reformation erwachsenen eigenartigen Gebilde evangelischer Stifter, sind 
Körperschaften des öffentlichen Rechts mit kirchlichen Zwecken. Sie ge- 
hörten vor der Staatsumwälzung von 1918 mit ihrer Rechtspersönlichkeit 
in den weiteren Rahmen der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sach- 
sense, standen nach der von OTTO MAYER geprägten Terminologie zu 
ihr als ihrem „Muttergemeinwesen“ im Verhältnis abgezweigter rechts- 
fähiger Verwaltungen. Daher können sie die Erhaltung ihrer öffentlich- 
rechtlichen Persönlichkeit auf Art. 137 Abs. 5 Satz 1 unserer geltenden 
Reichsverfassung gründen und kommt ihrem Stifts- und Kapitelsvermögen 
der Schutz des Art. 138 Abs. 2 RV. zugute. Da mit der Staatsumwälzung 
von 1918 der König und sein Haus als Stiftsherren ausgeschieden sind und 
damit die Bedingung weggefallen ist, unter der die Postulatio perpetua 
vom 15. Juni 1663 das Kurhaus Sachsen zur Stiftsherrlichkeit berufen hat, 
so ist nunmehr Sedisvakanz eingetreten und das Domkapitel zu Meißen 
infolgedessen verpflichtet, einen neuen Stiftsherrn zu wählen, den es, wie der 
9%*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.