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regelt in der Verwaltung, ohne einzugreifen in Freiheit und Eigen-
tum der Regierten — eine Vorschrift einer Verwaltungsbehörde
für ihr untergebene Stellen, der diese nachzuleben haben in Er-
füllung der Dienstpflicht. Daß Verwaltungsverordnungen auch
Interessen der Regierten berühren, ist nicht ausgeschlossen, ihre
Wirkungen auf diese sind aber nur Reflexwirkungen, Zwangsver-
pflichtungen schaffen können sie nur für Behörden und Angestellte.
Dies gilt besonders auch von den Anstaltsordnungen, welche den
Betrieb der öffentlichen Anstalt und die Bedingungen für ihre
Benutzung durch das Publikum ordnen. Zwangsverpflichtungen
begründen sie nur für die im Dienst der Anstalt Angestellten,
die verpflichtet sind, ihre Vorschriften im Verkehr mit dem Publi-
kum zu beobachten, nicht aber für die Anstaltsbenutzer, greift die
Anstaltsordnung doch in den Rechtsstand der Benutzer nicht ein,
unterwerfen diese sich ihr vielmehr freiwillig, wenn sie Zulassung
zur Benutzung der Anstalt begehren‘®.
Der gegen diese von der herrschenden Lehre entwickelte
Unterscheidung gemachte Einwand, daß sie von einem zu engen
Begriffe des Rechtssatzes ausgehe®, hat, nachdem die neuen Ver-
fassungen sie anerkannt haben, praktisch natürlich jede Bedeutung
verloren. Er war aber auch vordem unzutreffend. Allerdings ist
der Rechtsbegriff, den die allgemeine Rechtslehre aufstellt, ein
viel weiterer, wenn sie die Satzungen des Rechtes definiert als
Willensäußerungen der Gemeinschaft, die dem Handeln der Ein-
zelnen als Richtschnur dienen wollen’. Und Rechtsvorschriften
° AnscHüUTtz, Die gegenwärtigen 'Iheorien über den Begriff der gesetz-
gebenden Gewalt (2) S. 73 ff.,;, ScHoEn im Handbuch der Politik (3) Bd. 1
S. 252 ff.
° So z. B. Zorn, Deutsches Staatsrecht (2) Bd, 1 S. 485 und neuestens
wieder TRIEPEL in seinem Vortrag auf dem 82, deutschen Juristentag 1922
(Verhandlungen desselben Bd. 2 S. 13).
7 V l. Taon, Rechtsnorm und subjektives Recht, Weimar 1878 8. 1;
Menger. A., Encyklopädie (4) Berlin 1909 8. 25; Ansca0Tz, Theorien,
S. 184.