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I. Rechtsverordnungen.
Alle Verfassungen gehen, wie bereits oben erwähnt, von dem
Grundsatze aus, daß Rechtsverordnungen nur auf Grund gesetzlicher
Ermächtigung erlassen werden dürfen, wenngleich dieser Satz aus-
drücklich nur in der bayerischen und der württembergischen Verfas-
sung ausgesprochen ist. Das Bestehen eines sog. selbständigen
Rechtsverordnungsrechts, d. h. eines Rechts der Exekutive, Rechts-
vorschriften auch ohne gesetzliche Ermächtigung zu erlassen, sofern
diese nur Gesetzesvorschriften nicht widersprachen, kommt also für
das geltende Staatsrecht nicht in Frage. Und es könnte auch dann
nicht in Frage kommen, wenn aus den Verfassungen bzw. ihrer Ent-
stehungsgeschichte nicht so klar hervorginge, daß sie es ablehnen,
wie dies der Fall ist. Es wäre schon unvereinbar mit der heutigen
Staatsform. Ein selbständiges Rechtsverordnungsrecht kann nur
einem Staatsorgan eignen, das seine Zuständigkeiten nicht aus-
schließlich aus der Verfassung herleitet, wie dies die deutschen
Landesherren waren. Für sie konnte man an ein solches Verord-
nungsrecht denken, sofern es nicht im Widerspruch stand mit
positiven Bestimmungen der konstitutionellen Verfassung des Lan-
des. Es war ihnen dasselbe dann eben geblieben als Rest der
ihnen in vorkonstitutioneller Zeit eignenden allgemeinen Rechts-
satzungsbefugnis, welche ihnen durch die von ihnen selbst erlas-
senen Verfassungen nicht entzogen war. Dagegen konnte dem
Bundesrat der Bismarckischen Reichsverfassung schon deshalb kein
solches selbständiges Rechtsverordnungsrecht zugesprochen werden,
weil er sein Dasein und alle seine Befugnisse nur aus der Ver-
fassung ableitete'®. Und dasselbe gilt von allen Exekutivorganen
in der Republik. Alle leiten sie ihre staatsrechtliche Stellung
nur vom Volke und der von diesem gegebenen Verfassung her und
12 So richtig LABAND, Staatsrecht (4). Bd. 2, S. 83 f.; JELLINEK, Gesetz
und Verordnung, 8. 124, 126 f.; AnsScHÜTZ, Theorien (2), S. 133 — gegen ZORN,
Staatsrecht (2) Bd. 1, 8.486 und in HırrHs Annalen, Jahrg. 1885, S. 313 ff.