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können daher nur die Rechte haben, welche aus dieser sich ableiten
lassen, also auch kein außerhalb der Verfassung begründetes Ver-
ordnungsrecht.
Die gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverord-
nungen kann in der Verfassung selbst erteilt sein („verfassungs-
mäßige“ Verordnung); sie ist dann gewöhnlich allgemeiner Natur
und bezieht sich auf bestimmte Gruppen von Verordnungen, wie
Notverordnungen, Ausnahmsverordnungen, Ausführungsverordnun-
gen. Oder die Ermächtigung kann in einem einfachen Gesetze
erfolgen („delegierte“ Verordnung), das den Erlaß einer Verordnung
bestimmten Inhalts vorsieht. Die Verfassungen stehen hier auf
verschiedenem Standpunkt.
Die Reichsverfassung erteilt Ermächtigungen zum Erlaß von
Rechtsverordnungen an vier Stellen:
1. Stillschweigend im Artikel 48, indem zu den „nötigen
Maßnahmen“, die der Reichspräsident im Falle des sog. Aus«
nahmezustandes treffen darf, auch der Erlaß von Rechtsverord-
nungen, insbesondere Strafvorschriften!?, gehört.
2. In Artikel 91: „Die Reichsregierung erläßt mit Zustim-
mung des Reichsrats die Verordnungen, die den Bau, den Betrieb
und den Verkehr der Eisenbahnen regeln.“ — Hierin liegt eine
Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen, soweit Vor-
schriften in Frage stehen, die polizeiliche Bestimmungen über das
Verhalten des Publikums enthalten!*, oder Eisenbahnen betreffen,
die den Ländern, Kommunalverbänden oder Privaten gehören;
Vorschriften, die den Bau, Betrieb und Verkehr der Reichseisen-
bahnen regeln, werden zwar auch von diesem Artikel erfaßt, sind
aber keine Rechtsverordnungen, sondern Verwaltungsverordnungen;
vgl. unten unter III.
183 Urteil des Reichsgerichts v. 29. Oktober 1920 (Entsch. in Strafsachen
Bd. 55 S. 116).
it Vgl. z. B. Eisenbahn-, Bau- und Betriebsordnung v. 4. Nov. 1904
(RGBI. 8. 387) $ 82.